Péter Sárkány


PHÄNOMENOLOGISCHE HERMENEUTIK –
HERMENEUTISCHE PHÄNOMENOLOGIE


Die Knotenpunkte der Heideggerschen Philosophieauffasung:
Phänomenologie, Hermeneutik und Metaphysik*

Die Philosophie ist eine der wenigen eigenständigen schöpferischen Möglichkeiten und zuweilen Notwendigkeiten des menschlich-geschichtlichen Daseins.“1


In meiner Arbeit mache ich den Versuch, die von Heidegger zwischen 1919 und 1930 entwickelte Philosophieauffassung zu interpretieren. Den Hintergrund des Themas bilden Fragestellungen, die die “Architektonik“ des philosophischen Denkens überhaupt berühren. Offensichtlich kann man die Bedeutung der erwähnten Epoche auf Heideggers Weg des Denkens kaum stark genug betonen. Gerade die Wirkungsgeschichte des zwischen 1919 und 1930 ausgearbeiteten genuinen philosophischen Standpunktes hat Heidegger neben Wittgenstein zu einem der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts gemacht. Deshalb stößt jeder, der den Entwicklungen der gegenwärtigen Philosophie mit Aufmerksamkeit folgt, notwendig auf das Philosophieren, das Heidegger - natürlich nicht ohne Vorangegangenes - betrieben hat, und dessen drei von philosophiegeschichtlichen Beziehungen belastete Meilensteine die Begriffe der Phänomenologie, der Hermeneutik und der Metaphysik sind.

Das Hauptanliegen meiner Untersuchung ist die Darstellung der Verwendung dieser drei Begriffe und ihres Zusammenhangs bei Heidegger, welche Begriffe letztendlich als die Dimensionen eines einheitlichen Philosophiebegriffs aufgefasst werden können. Meines Erachtens ist nämlich Heideggers Philosophieauffassung trotz der voneinander abweichenden Ansichtspunkte und Themen der Vorlesungen und Schriften des angegebenen Zeitraums ziemlich einheitlich. Diese Einheit wird in der Sekundärliteratur meistens durch die in den Vordergrund gestellte Frage nach dem Sein vorausgesetzt und aufgezeigt. Nichtsdestotrotz, es reicht ein Blick auf die frühen Freiburger Vorlesungen, und sofort springt ins Auge, dass Heidegger das Problem der Aufgabe und des Wesens der Philosophie nicht immer so eng an den Erfolg einer Ausarbeitung der Frage nach dem Sein knüpfte wie in dem 1927 erschienenen Sein und Zeit und den parallel dazu gehaltenen Vorlesungen. Deshalb müssen wir zur Interpretation des Philosophiebegriffs der von uns untersuchten Epoche einen “einfacheren und umfassenderen“ Ansichtspunkt als die Seinsfrage finden. Nach meiner Auffassung ist dafür die Selbstreflexion und die Selbstbestimmung als wichtigste Eigentümlichkeit des Philosophierens geeignet. Zusätzlich bietet uns Heidegger selbst diesen Ansichtspunkt, indem nämlich die verschiedenen Gesichtspunkte seiner Vorlesungen und Schriften bis zum Ende von einer entschiedenen, auf Wesen und Aufgabe der Philosophie konzentrierten Reflexion umfasst werden.

Die Analyse des Ursprungs und des Was-seins der Philosophie, d.h. die Analyse der alltäglichen Erfahrung und der aus dieser entstehenden, sich selbst philosophisch nennenden Einstellung, wird in den meisten Vorlesungen von Heidegger eindeutig thematisiert. Aus diesem Grund könnte uns die Auseinandersetzung mit der heideggerschen Philosophieauffassung wichtige Beiträge zur Interpretation des philosophischen Denkens überhaupt liefern. Es wird also um Philosophie, genauer um die Philosophie der Philosophie gehen, allerdings – wie Heidegger nicht müde wird zu betonen – nicht in der Form, nach welcher der Begriff der Philosophie schon im Voraus zur Verfügung stünde, und aus dem man dann die Eigentümlichkeit der Philosophie herausschälen könnte, um daraus eine metaphilosophische Theorie auszuarbeiten, sondern die Erfahrung der Philosophie wird unter die Lupe genommen, so wie wir die Philosophie in ihren verschiedenen Intentionen und Erscheinungsformen – alltäglich, wissenschaftlich, akademisch, geschichtlich usw. – als Einheit ihrer Gestalten erfahren. Aufgrund dessen ist die folgende Analyse als Hermeneutik der Philosophieerfahrung zu verstehen.

Bevor ich den konkreten Aufbau der Arbeit näher darlege, möchte ich diejenigen grundlegenden Punkte, die die innere Logik der Ausarbeitung bilden, voranschicken, welche Punkte dann durch die Rekonstruktion und Analyse der konkreten Texte unterstützt werden sollen.

1. Meine Lesart der heideggerschen Texte bekräftigt, dass Heidegger die in der Tradition beheimatete Philosophieauffassung aus neuer Perspektive radikal revidiert. Ich denke in erster Linie an solche Vorstellungen, die den Anfang der Philosophie in dem Akt des Fragens, des Staunens (Platon, Aristoteles) und des Zweifelns (Augustinus, Descartes) sehen und dadurch die Philosophie (Liebe zur Weisheit) nicht so sehr als ein zu untersuchendes Gebiet auffassen, sondern als eine eigentümliche Einstellung begreifen. Die Hauptfrage wird natürlich sein, was wir unter Fragen, Staunen und Zweifeln verstehen, wie wir die Erfahrung dessen in begriffliche Gestalt bringen können. Das wird den Gedankengang der ausgearbeiteten Philosophien bestimmen, gerade das ist es auch, was der heideggerschen Philosophieauffassung ihren genuinen Charakter verleiht. Heidegger nämlich thematisiert in seinen Vorlesungen ständig das am Anfang der Philosophie stehende Fragen und Verstehen, und mit diesen immer wieder von Neuem ansetzenden Versuchen, die Aufgabe der Philosophie zu bestimmen, fordert er von den Lesern und Zuhörern eine dauerhafte metaphilosophische Wachheit. Eigentlich artikuliert sich dieses als existentiell zu bezeichnende Konzept der Philosophie mit verschiedenen Betonungen in den Begriffen Phänomenologie, Hermeneutik und Metaphysik.

2. Heideggers Problembehandlung in diesem Zeitraum zeigt einen gut verfolgbaren Aufbau. Die Beantwortung einer aufgestellten Frage erreichen wir durch die Analyse jener Situation, in welcher diese Frage als Frage aufgetaucht ist. Die Analyse der Situation ist immer eine (geschichtliche) Verstehenssituation, deren Interpretation die Begrifflichkeit der Philosophie schöpft. Um die einheitliche Interpretation des heideggerschen Philosophiebegriffs leisten zu können, müssen wir Heideggers Weise, Probleme zu behandeln, folgen und diese selbst auf die von ihm vertretene Philosophieauffassung anwenden.

3.

Philosophie ist universale phänomenologische Ontologie, ausgehend von der Hermeneutik des Daseins, die als Analytik der Existenz das Ende des Leitfadens alles philosophischen Fragens dort festgemacht hat, woraus es entspringt und wohin es zurückschlägt.“2


Diese kompliziert scheinende Bestimmung der Philosophie durch Heidegger werden wir im Laufe der Arbeit im Hinterkopf behalten, dennoch werden wir es nicht unternehmen, die in dieser Definition auftretenden Begriffe im Rahmen von Sein und Zeit zu erklären. Die Definition wird in einer bestimmten Hinsicht als Leitfaden dienen, in dem Sinne, dass der Gedankengang der Arbeit auch so aufgefasst werden kann, als würde er die Definition rückwärts lesen. Das heißt, dass unsere Untersuchungen in erster Linie auf die frühen Freiburger Vorlesungen fokussieren werden, in welchen Anfang, Gegenstand und Richtung der Philosophie scharf auftauchen – die Thematisierung jenes Gebiets, woher die Philosophie entspringt und wohin sie zurückschlägt. Danach werden wir in konzentrischen Kreisen zu dem von Heidegger 1927 vertretenen Standpunkt fortschreiten, auf dem die früheren, sich auf das Wesen der Philosophie beziehenden Einsichten in der monumentalen Frage nach dem Sinn von Sein aufgehoben werden. Schließlich werden wir zu Heideggers metaphysischen Ambitionen gelangen, zu jener Metaphysik, die im Licht von Sein und Zeit die Philosophie neu zu positionieren versucht.


Zum Ende möchte ich die Haltestellen des Gedankengangs der Arbeit skizzieren. In drei Punkten betrachte ich Heideggers Philosophieauffassung. Die einzelnen Überschriften stehen für die Schwerpunkte der heideggerschen Vorlesungen (I. Phänomenologische Hermeneutik, II. Hermeneutische Phänomenologie, III. Metaphysik). Danach werde ich in zwei weiteren Punkten die wichtigen Momente der rekonstruierten Texte interpretieren (IV. Die Einheit der Philosophieauffassung Heideggers, V. Die Hermeneutik der Philosophieerfahrung).

  1. Phänomenologische Hermeneutik


Der Anfang der Philosophie


In der 1919, im Kriegsnotsemester gehaltenen Vorlesung beschäftigt sich Heidegger ausdrücklich mit der Idee der Philosophie.3 Die darin aufgeworfenen Fragen werden auch später, allerdings in anderem Kontext, den Gegenstand der Analyse bilden, zum Beispiel in jenen Marburger Vorlesungen, die 1927 parallel zur Niederschrift von Sein und Zeit gehalten wurden.4 Die Vorlesung von 1919 behandelt methodologische Probleme der Philosophie sowie die Beziehung der Philosophie zur Universität als Institution, während Heidegger einen ständigen Dialog mit den in der Zeit herrschenden philosophischen Richtungen führt, in erster Linie mit Phänomenologie und Neukantianismus, die besonders die wissenschaftlichen und weltanschaulichen Aspekte der Philosophie betonen. Schon hier zeigt sich Heideggers Anliegen der Synthese verschiedener philosophischer Richtungen, welches bis zum Ende im Problemhorizont des betrachteten Zeitraums bleibt. Aus dieser frühen Freiburger Vorlesung werden wir nur drei Dinge hervorheben, die für die Interpretation einer anderen, ebenfalls in Freiburg gehaltenen Vorlesung, die wir später ausführlicher betrachten werden, wichtig scheinen.

1. Heidegger benutzt hier zum ersten Mal den Begriff der Hermeneutik, unter dem Ausdruck phänomenologische Hermeneutik.5 2. Er bestimmt die Phänomenologie als vortheoretische Urwissenschaft, allerdings so, wie Manfred Riedel erklärt, dass das Evidenzprinzip dieser sich selbst begründenden Wissenschaft entgegen der Auffassung Husserls nicht theoretisch ist.6 Damit blitzt für uns jener Horizont auf, der den Grund für die Umgestaltung der Phänomenologie und Hermeneutik bildet. 3. Schließlich müssen wir aus dieser Vorlesung unbedingt noch etwas berühren – die von Heidegger radikal gestellte Frage Gibt es etwas?, die “formale Urgestalt der Seinsfrage“ (Riedel), in deren Zusammenhang sich die Frage selbst als Erlebnis und zeitliches Ereignis artikuliert.7 Über die Wichtigkeit dessen hinsichtlich der Philosophie schreibt Heidegger dramatisierend, was die beiden Charakteristika der Philosophie - das Fragen und die Entscheidung – unterstreicht.


Schon in dem Frage-ansatz »Gibt es...?« gibt es etwas. Unsere ganze Problematik ist an eine entscheidende Stelle gekommen [...] Wir stehen an der methodischen Wegkreuzung, die Überleben oder Tod der Philosophie überhaupt entscheidet, an einem Abgrund: entweder ins Nichts, d.h. der absoluten Sachlichkeit, oder es gelingt der Sprung in eine andere Welt, oder genauer: überhaupt erst in die Welt.“8


Heidegger entschied, er wagte den Sprung. So versucht er ab jetzt ständig, die Begrifflichkeit von Sein und Zeit vorwegnehmend, das In-der-Welt-sein zu beschreiben. Man kann nicht genug betonen, dass dies seinen Begriff der Philosophie bestimmt. Von nun an wird auf eine gut abgrenzbare Weise die Philosophie durch die Fokussierung auf das Erlebnis des Fragens und der Welt eine existentielle Sache.

Um fortschreiten zu können, betrachten wir nun ausführlicher eine andere frühe Vorlesung mit dem Titel Phänomenologische Interpretationen zu Aristoteles von 1921/22, in welcher die Frage nach der Philosophie selbst auftaucht. Den Erlebnischarakter des Fragens im Hinterkopf behaltend schauen wir, unter welchen Umständen Heidegger an diese Frage stößt und wie er sie letztendlich entfaltet. Schon zu Beginn der Vorlesung bleibt Heidegger stehen: Was heißt Philosophiegeschichte? Nach dem Titel der Vorlesung würde man eigentlich eine Aristoteles-Interpretation erwarten, aber offensichtlich haben die einzelnen geschichtlichen Epochen verschiedene Aristoteles-Interpretationen geboren. Dieses Problem zwingt Heidegger zur Analyse dessen, was Geschichte überhaupt bedeutet. Das Historische, behauptet Heidegger, kann man nur durch Philosophie begreifen, nur von der Geschichtlichkeit des faktischen Lebens aus. So ergeben sich zwei voneinander getrennte Aufgaben: die Erklärung des Vollzugssinnes des Philosophierens und dessen Zusammenhang zum Historischen und zur Geschichte. Sich dessen bewusst betont Heidegger ständig, dass die Philosophie “historisches (d.h. vollzugsgeschichtlich verstehendes) Erkennen des faktischen Lebens“9 sei. Danach unternimmt es Heidegger, von den oben genannten Fragen die erste zu entfalten: Was ist Philosophie?


Was ist Philosophie? Das muss in genügende Klarheit gesetzt sein, genügend für die Situation und das Problem, in der die Frage gestellt wird, wenn anders jede konkrete Untersuchung ihre Direktion und entsprechende methodische Sauberkeit und echte Sachlichkeit haben soll.“10


Heidegger beginnt damit, die verschiedenen Definitionen, die als Antwort auf die Frage nach der Philosophie gegeben werden können, zu gliedern. Zwei markante Tendenzen kann man dabei voneinander trennen. Die eine unterschätzt nach Heidegger die Aufgabe der Bestimmung der Philosophie, und argumentiert, dass die um die Definition der Philosophie geführte Debatte eine fruchtlose, logisch-methodologische Spielerei sei. Solch eine Definition, meint diese Auffassung, würde in den Wissenschaften die Forschung verhindern. Als Unterschätzung kann man auch jene Ansicht betrachten, nach der die Philosophie etwas tieferes und höheres als die Wissenschaft sei, weshalb jeder Versuch, der die Philosophie durch eine Definition bestimmen will, gerade deren Wesen töten würde. Daraus folge, dass man die Philosophie nur erleben könne. Die andere Haupttendenz überschätzt die Aufgabe einer Definition. Ihrer Meinung nach könnten wir im Fall der Philosophie eine allgemeine und strenge Definition geben, und daneben auch mit Hilfe philosophiegeschichtlicher Analysen die Philosophie in Gebiete unterteilen, so z.B. Ethik, Ästhetik, Erkenntnistheorie etc. Nach Heidegger verfehlen beide Ansichtspunkte, sowohl der überschätzende als auch die unterschätzende, die Aufgabe der Definition. Es ist deutlich, dass man im Zusammenhang mit den gegebenen Fragen zunächst einmal die Möglichkeit der Definition überhaupt untersuchen muss. Nichtsdestotrotz beinhalten beide Tendenzen gleichermaßen echte Absichten – die Überschätzung insofern, als sie die prinzipielle Orientierung der Philosophie zu Wort kommen lässt, die Unterschätzung wiederum dadurch, dass sie die Notwendigkeit eines konkreten Philosophierens betont. Heideggers Anliegen in diesem Punkt ist eindeutig. Er versucht, das Problem der Definition entlang der sich auf die Philosophie beziehenden Frage aus einem neuen Standpunkt so zu klären, dass er die echten Absichten beider Tendenzen bewahrt. Zwei oft gegensätzliche Standpunkte ursprünglicher und radikaler zu ergreifen, dass die in ihnen liegende Wahrheit bewahrt und der Versuch gemacht wird, sie in einem neuen Horizont in Einklang zu bringen, erweist sich als die grundlegende philosophische Haltung Heideggers.

Kehren wir zurück zum Text der Vorlesung. Der überschätzende Ansichtspunkt beinhaltet zwei Irrtümer: erstens die kritiklose Verwendung des Begriffs der Definition und zweitens das Missverstehen der Bedeutung des Prinzips. Ausgehend von der Lehre der Definition der formalen Logik wird die Philosophie als Gegenstand unter anderen begriffen. Sie wird aus derselben Erfahrungsweise wie die der Gegenständlichkeit abgeleitet Das aber sei ein Irrweg, formuliert Heidegger, weil nämlich die Philosophie nicht so etwas wie eine Rose sei, die wir als Pflanze und diese wiederum als Organismus bestimmen können.11 Solch eine Definition der Philosophie zieht nicht die Gegenständlichkeit des Gegenstandes, dessen wirkliche Erfahrung in Betracht bzw. vermischt alles durch ihre formallogische Orientierung. Das Missverstehen des Sinns des Prinzips hängt nach Heidegger mit dem formalen Charakter der Definition zusammen. Prinzip bezeichne das Größte, das Höchste und Allgemeinste, wovon alles Einzelne ableitbar ist. Eine prinzipielle Definition müsste mit Blick auf das Principium das Wassein und Wiesein des Gegenstandes bestimmen. Die Definition bezeichnet immer das Prinzip. Das echte Prinzip aber, darauf macht uns Heidegger aufmerksam, ist existentiell-philosophisch, was in der Lesart Heideggers bedeutet: das faktische Leben bildet das Prinzip, welches in Betracht ziehend man die Bestimmung der Philosophie geben könnte.12

Demgegenüber betont der die Definition der Philosophie unterschätzende Standpunkt im Vergleich zum Allgemeinen das Konkrete. In diesem Fall, so Heidegger, müssten wir gerade darauf unsere Aufmerksamkeit legen, dass dieses Konkrete immer schon ein ausgelegtes Konkretum ist, das von Voraussetzungen belastet ist, die von einer bestimmten Gegenständlichkeit ausgehen. Deshalb erblickt Heidegger durch die Fraglichkeit des Konkreten in der Frage selbst das Fundament der Philosophie. In der Frage, im Fragen versteckt sich die Möglichkeit, dass die starren philosophischen Probleme lebendig, existentiell, anders gesagt konkret werden.


Das eigentliche Fundament der Philosophie ist das radikale, existentielle Ergreifen und die Zeitigung der Fraglichkeit; sich und das Leben und die entscheidenden Vollzüge in die Fraglichkeit stellen ist der Grundbegriff aller und der radikalsten Erhellung.“13


Das Erlebnis des Fragen jedoch verbindet sich immer zu einer Situation, die Situation hingegen ist nicht abstrakt, sondern – dicht das Wesen der Philosophie Heideggers formuliert – existentiell konkret.

Die Schwäche der beiden analysierten Tendenzen sind nach Heidegger daraus erklärbar, dass die Situation des Verstehen, in welcher sich die Frage (in diesem Fall die nach der Philosophie) manifestiert, nicht untersucht wurde. Zum guten Teil ist das dem geschuldet, dass das geschichtliche Bewusstsein im Terrain der Philosophie übergangen wurde und dadurch verdrehte Philosophieinterpretationen entstanden sind, deren Krise durch eine Menge Adjektive ausgedrückt werden: theoretische und praktische Philosophie, wissenschaftliche und Weltanschauungsphilosophie etc.

Bleiben wir einen Augenblick stehen und stellen wir fest, was wir bis jetzt über Heideggers Philosophieauffassung erfahren haben. Wir sahen, dass der Ausgangspunkt die Frage und das Fragen war, mit welchem Heidegger den Anfang der Philosophie in einer eigentümlichen Weise existentiell fixiert. Durch die Analyse der zum Fragen notwendig gehörenden Verstehenssituation starten die heideggerschen Untersuchungen in zwei Richtungen: einerseits die in einer gegebenen Verstehenssituation geschehende Interpretation der jeweilig auftauchenden Frage, andererseits die Thematisierung des alltäglichen, durchschnittlichen Verstehens selbst. Die Geburtsstunde der Philosophie ist für Heidegger im Kontext der Situation des Fragens das einfache, alltägliche Verstehen. Die Frage Was ist Philosophie? positioniert Heidegger genauso wie alle anderen Fragen, die philosophisch relevant sein könnten.14 Jede Frage ist nach ihrem Fragecharakter existentiell und taucht in einer Situation auf, so auch die Frage Was ist Philosophie? Um eine Bestimmung der Philosophie geben zu können, müssen wir, wie wir gesehen haben, erst einmal die Situation des Verstehens freilegen, in welcher das philosophische Fragen seinen Anfang nimmt. Heidegger macht darauf aufmerksam, dass er die Philosophie nicht als Kulturobjekt betrachtet, das eine bestimmte Literatur und ein System der Institutionen hat. Er interessiert sich also in diesem Zusammenhang nicht für ihren objektiv-geschichtlichen Aspekt, sondern nähert sich dem ursprünglichen Verhältnis, das auch durch den alltäglichen Sprachgebrauch ausgezeichnet ist: dem Philosophieren. Heidegger legt die Betonung auf die Tätigkeit der Philosophie und empfiehlt, dass wir vor allem die im Akt des Philosophierens steckende Situation aneignen sollten. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit der Philosophie als einer eigentümlichen Verhaltensweise. Nach Heidegger könnte man den Akt des Philosophierens und Musizierens in Analogie stellen. In beiden Fällen handelt es sich nicht allein um die Beherrschung einer Technik.

Zu diesem Punkt lohnt es sich, die Argumentation einer späteren Vorlesung (Einleitung in die Philosophie)15 wachzurufen, in der sich Heidegger mit der Möglichkeit der Einführung in die Philosophie beschäftigt. Der Inhalt dieser Vorlesung veranschaulicht den existentiellen Aspekt der heideggerschen Philosophieauffassung und bringt uns den vorher dargelegten Gedankengang näher. Heidegger weist darauf hin, dass das Wort Einleitung zunächst andeutet, wir, die wir in die Philosophie eingeleitet werden wollen, würden außerhalb der Philosophie stehen. Wir haben einige Vorstellungen davon, was die Philosophie sei. Eventuell haben wir Kenntnisse über ihre Literatur und ihre Geschichte. Daneben, betont Heidegger, stehen uns auch Handbücher zur Verfügung, die die Philosophie zu definieren versuchen. Wir stehen aber trotzdem noch vor einer schweren Entscheidung, wenn wir so in die Philosophie eingeführt werden wollen. Neben der geschichtlichen Betrachtung müssten wir nämlich auch systematisch eingeführt werden, d.h. die Gebiete und Probleme der Philosophie kennen lernen (Ethik, Ästhetik, Logik etc.) Wenn wir all dieses endlich erklärt hätten, bemerkt Heidegger ziemlich scharf, würden wir glücklich sein. Wir wären in die Philosophie eingeführt worden, wir wüssten schon, worum es geht. Solch eine Auffassung setzt also voraus, dass wir außerhalb der Philosophie seien, in einem Zustand ohne Philosophie leben würden. Sie geht davon aus, dass die Philosophie ein Gebiet sei, das auf Besetzung wartet. Diese Meinung ist nach Heidegger unhaltbar, weil wir nie außerhalb der Philosophie unseren Platz nehmen könnten, auch dann nicht, wenn wir über Philosophie nichts wissen. Wir, lässt uns Heidegger anschaulich spüren, philosophieren nicht dann und wann, sondern ständig und notwendigerweise, insofern wir Menschen sind. Der Mensch kann, wenn auch versteckt, in unterschiedlicher Weise die Philosophie berühren. Die Mythologie, die Religion, die Dichtung oder die Wissenschaft können sie indirekt vermitteln, ohne den philosophischen Inhalt zu erkennen oder anzuerkennen. Aus all dem zieht Heidegger die Schlussfolgerung, dass die Aufgabe der Einleitung in die Philosophie in erster Linie In Gang bringen des Philosophierens ist. Die Philosophie geschieht in uns. Wir können nicht mit Hilfe eines Tricks, einer Technik oder eine Zaubers in den Zustand der Philosophie gelangen. In uns muss die Philosophie freigelegt werden. Diesen Punkt des Gedankengangs betont Heidegger ausdrücklich: wir müssen erneut erkennen, dass wir ein vorhergehendes Wissen darüber haben, was die Philosophie sei. Was wir wissen, ist, dass die Philosophie zum menschlichen Dasein gehört und in ihm als solchen vollzogen wird und seine Geschichte hat. Im Dasein muss das Philosophieren in Gang kommen. Das, nicht mehr und nicht weniger, kann nach Heidegger eine Einleitung in die Philosophie leisten.

Heidegger geht im Weiteren nicht darauf ein, wie die Philosophie im Menschen frei gelegt werden kann, wie sie hinter Kunst und Religion hervorschlüpfen könnte. Dies aber können wir dennoch im Licht des oben Erläuterten beantworten. Das Erlebnis des Fragens, des In-Frage-stellens selbst ist es, was eine solche Einstellung auslöst, in deren Folge der Mensch ausgehend von der Situation, in welcher er sich gerade befindet, den Anspruch entwickeln wird, seine auf die Welt bezogenen Kenntnisse begrifflich zu erklären. Nach dem heideggerschen Konzept besteht also der existentielle Aspekt der Philosophie im Fragen, geschieht die Philosophie durch das Fragen im Dasein.



Die ersten Schritte der Philosophie. Die Verwandlung von Hermeneutik und Phänomenologie


Im Folgenden gehen wir zu solchen Aspekten der heideggerschen Philosophieauffassung über, die mit den Begriffen der Hermeneutik und Phänomenologie zusammenfassbar sind. In seiner berühmten Marburger Vorlesung Ontologie. Hermeneutik der Faktizität16 gibt Heidegger der Hermeneutik einen ganz eigenen Sinn. Die Aufgabe der Phänomenologie wäre die Auslegung der Faktizität. Diese Aufgabe vollzieht das Dasein selbst so, dass es sein eigenes Dasein in seinem Seinscharakter zugänglich macht und seiner Selbstentfremdung, mit der es geschlagen ist, nachgeht. Die Hermeneutik, betont Heidegger, ist die Möglichkeit des Daseins, durch die es sich selbst verstehen kann. In diesem Prozess ist das Verstehen in einer besonderen Situation, und das bestimmt die Faktizität als “Gegenstand“ der Hermeneutik.


Dieses Verstehen, das in der Auslegung erwächst, ist mit dem, was sonst Verstehen genannt wird als ein erkennendes Verhalten zu anderem Leben, ganz unvergleichlich, es ist überhaupt kein Sichverhalten zu...(Intentionalität), sondern ein Wie des Daseins selbst, terminologisch sei es im Vorhinein fixiert als das Wachsein des Daseins für sich selbst.“17


Das Verstehen also ist vom Dasein untrennbar die Seinsweise des Dasein. So bildet sich in der Hermeneutik, die die Interpretation der Faktizität vollzieht, die Auslegungsbasis nicht zwischen einem Gegenstand und seiner Auffassung, sondern die Auslegung wird durch das Verstehen selbst eine ausgezeichnete Weise der Faktizität. Das Verstehen ist, anders gesagt, die Bedingung der Möglichkeit der Auslegung.

Im Vorhergehenden hatten wir berührt, dass Heidegger die Philosophie als existentielles Phänomen betrachtet. Dieses Ausgezeichnetsein ist von der Hermeneutik her besser verstehbar. Wie wir sahen, ist das Verstehen unaufhebbar an das Dasein gebunden, sowie es Dasein gibt, geht mit ihm das Verstehen einher. Insofern dieses Verstehen thematisiert wird, wird es in philosophischen Kontext gestellt bzw. bekommt die Hermeneutik eine philosophische Färbung. So wird die Hermeneutik der Begründungsrahmen der Philosophie. Dann natürlich, wenn das Dasein in der Hermeneutik sich wirklich auf sich selbst wendet, schaltet es diejenige herrschende, theoretische Richtung aus, die das Verstehen behandelt, indem sie es an das Problem der Erkenntnis der Wissenschaften anschließt. Damit interpretiert sich das Dasein, indem es durch die Hermeneutik sich selbst versteht, wie es vor allem ist, in seiner Alltäglichkeit. Die Alltäglichkeit des Dasein, mit Heidegger formuliert das Man, dürfen wir nicht verachten, sondern gerade auf ihren konstitutiven Charakter hin betrachten.


In der Hermeneutik wird der Stand ausgebildet, radikal ohne überlieferten Leitfaden der Idee Mensch, zu fragen. [...] Auslegung setzt an im Heute, d.h. in der bestimmten durchschnittlichen Verständlichkeit, aus der Philosophie lebt und in die sie zurückspricht. Das Man hat etwas bestimmtes positives, es ist nicht nur Verfallsphänomen, sondern als solches ein Wie des faktischen Daseins.“18


Seien wir darauf aufmerksam, wie sehr der eben zitierte Text mit der Philosophiedefinition von Sein und Zeit, die wir seit Beginn der Arbeit im Hinterkopf behalten haben, im Einklang steht. Dort benutzt Heidegger statt lebt und zurückspricht die Worte entspringt und zurückschlägt. Das in der Marburger Vorlesung Formulierte können wir als deren Vorläufer betrachten. Das Wesen ist dasselbe. Die Aufgabe der Phänomenologie ist es, sich auf diejenige Dimension (die Situation des Selbstverstehens des Daseins) zu konzentrieren, aus welcher eigentlich jede Philosophie lebt und entspringt und wohin jede Philosophie zurückspricht bzw. zurückschlägt. Dies vergegenwärtigt eine ständige Bewegung, die Bewegung des Verstehens. Der philosophisch schon entfaltete und interpretierte Inhalt wird wieder in den Prozess des Verstehens hineingezogen, mit dem Sprachgebrauch von Sein und Zeit in den hermeneutischen Kreis, und ihm wird in der jeweiligen Verstehenssituation erneut zu seinen Möglichkeiten verholfen.

Hier stellt sich die Frage, ob es möglich ist, die Hermeneutik bei Heidegger als Philosophie zu betrachten oder nicht, und wenn ja, in welchem Sinne. Auf diese Frage bekommen wir eine bemerkenswerte Antwort, die es sich lohnt, zu zitieren.


Ich meinerseits vermute, wenn diese persönliche Bemerkung verstattet ist, dass die Hermeneutik gar nicht Philosophie, sondern etwas recht Vorläufiges ist, […] Die Hermeneutik ist selbst nicht Philosophie, sie möchte den heutigen Philosophen lediglich eine bislang in Vergessenheit geratenen Gegenstand zur »geneigten Beachtung« vorlegen.“19


Die Hermeneutik also ist für sich allein keine Philosophie, “nur“ der Stützpfeiler der philosophischen Untersuchung. Durch die Versicherung der kategorialen Durchsichtigkeit des Daseins verrichtet die Hermeneutik die Aufgabe der Selbstbegründung der Philosophie und der Bestimmung ihres Gegenstandes. Wenn wir die Intentionen Heideggers kurz zusammenfassen wollen, können wir die Hermeneutik als die Hebamme bei der Geburt der Philosophie bezeichnen. Die eben erläuterte Philosophieauffassung ist also hermeneutisch, die Philosophie entfaltet sich nämlich in ihrem existentiellen Charakter durch eine Frage, die Frage steht in einer Verstehenssituation, welche geschichtliche Zusammenhänge hat. Die geschichtlichen Bezüge zu untersuchen, die Situation des Verstehens und Fragens zu analysieren, dies als Seinsweise des Daseins aufzuzeigen und mit vorläufigen Begriffen zu ergreifen, gehört schon eindeutig zum Wirkungskreis der Hermeneutik. Deshalb könnten wir den existentiellen Aspekt der heideggerschen Philosophieauffassung, wodurch er die Philosophie als Möglichkeit des Daseins aufgezeigt hat, im Folgenden mit dem Adjektiv hermeneutisch erweitern. Die Betonung des heideggerschen Gedankengangs geht in die Richtung einer philosophischen Hermeneutik oder, auf dem Wortschatz des Philosophen bestehend, einer phänomenologischen Hermeneutik.

Was ist daran phänomenologisch? Phänomenologisch ist die Hermeneutik der Faktizität, oder, wie Heidegger es formuliert, der Weg der Hermeneutik der Faktizität. Die Phänomenologie bekommt schon hier den methodischen Aspekt, den wir auch aus Sein und Zeit kennen. Etymologisch bedeutet Phänomen das, was sich zeigt als sich zeigendes. Das Phänomen, so hält Heidegger fest, ist die ausgezeichnete Weise des Gegenstand-Seins. Wenn das so ist, dann hat die Geschichte oft in die Interpretation des Phänomens eingegriffen, was sich auch gut nachvollziehen lässt. In diesem Zusammenhang gibt Heidegger einen kurzen Abriss der Interpretationen bezüglich des Phänomens, zwischen denen natürlich die Phänomenologie Husserls die größte Rolle spielt. Diese ist für ihn maßstabgebend, gleichzeitig aber steht er ihr kritisch gegenüber. Husserls Absicht einer voraussetzungslosen Beschreibung der Phänomene erweist sich nach Heidegger selbst als eine Voraussetzung. Deren Wesen ist es, dass eine voraussetzungslose Beschreibung der Phänomene bloß so möglich ist, dass wir die lauernde Gefahr des Naturalismus, Skeptizismus und Relativismus als falsche Problembehandlungen von uns schieben. Diese Auffassung aber setzt einen von der geschichtlichen Wirklichkeit abstrahierenden Standpunkt voraus.20 Für Heidegger ist die Möglichkeit der Phänomenologie (d.h. die Möglichkeit der Philosophie) an die vorläufige Aufdeckung der Phänomene gebunden, d.h. das Phänomen ist nicht unmittelbar gegeben, so dass es durch Wesensanschauung beschreibbar ist, sondern das vor uns Erscheinende ist geschichtlich und begrifflich präformiert. Hier ist eine Destruktion notwendig, damit die Philosophie ihre Aufgabe erfüllen kann.

Der Gegenstand der philosophischen Forschung ist das menschliche Dasein, stellt Heidegger in seinem berühmten Natorp-Bericht fest. Da die philosophische Forschung das bestimmte Wie des faktischen Lebens ist, muss man vor allem die konstitutiven Elemente der Faktizität bestimmen. Als Vorhabe möchte Heidegger das zur Verfügung stellen, was durch den Terminus Faktizität bezeichnet wird. Das wäre die vorrangige Aufgabe der Philosophie.


“…die Philosophie [ist] nicht eine erfundene, im Leben nur mitlaufende Beschäftigung mit irgendwelchen ‚Allgemeinheiten‘ und beliebig zu setzenden Prinzipien […], sondern als fragendes Erkennen, d.h. also Forschung, nur der genuine explizite Vollzug der Auslegungstendenz der Grundbewegtheiten des Lebens, in denen es diesen um sich selbst und sein Sein geht…“21


Die überlieferte Ontologie und Logik (“die kategoriale Interpretation des Ansprechens und Auslegens“22) müssen nach Heidegger in die Ursprungseinheit der Faktizitätsproblematik zurückgenommen werden, weil Ontologie und Logik sich gleichermaßen vom faktischen Leben aus beweisen, d.h. jedes Gebiet der Philosophie erhält daraus seinen Sinn. Diese großangelegte Aufgabe vollzieht die phänomenologische Hermeneutik der Faktizität durch die Destruktion der uns überlieferten griechisch-christlichen Begrifflichkeit. Die phänomenologische Hermeneutik also übernimmt die Verantwortung für die ersten Schritte der Philosophie.







II. Hermeneutische Phänomenologie


Die Philosophie als Gebiet. Die Wissenschaft vom Sein


In seinem Hauptwerk Sein und Zeit und in der gehaltenen Vorlesung derselben Zeit mit dem Titel Grundprobleme der Phänomenologie23 vertritt Heidegger im Vergleich zu seinem vorhergehenden Standpunkt eine anders akzentuierte Philosophieauffassung. Der existentiell-hermeneutische Aspekt der Philosophie tritt in den Hintergrund, statt dessen wird eine Stimme stärker, die schon in Vorlesungen von 1919 und 1921 implizit anwesend war, – das Problem der Wissenschaftlichkeit der Philosophie. Die Philosophie ist Wissenschaft, aber nicht im Sinne der Naturwissenschaften. Auf der einen Seite verwirft Heidegger die sich an der Naturwissenschaft orientierenden Philosophien ebenso wie die Weltanschauungsphilosophie, auf der anderen Seite fasst er entsprechend seiner phänomenologischen Kritik die Wissenschaftlichkeit der Philosophie ganz anders als sein Meister Husserl. Die in dem Begriff der Philosophie sich vollziehende Betonungsverschiebung ist gut in der schon zitierten Definition aus Sein und Zeit spürbar, in der die Philosophie mit den Begriffen der Phänomenologie und Ontologie vertauschbar ist (“Die Philosophie ist universale phänomenologische Ontologie…“) Gegenüber der früheren Aufgabe, die die Faktizität in den Vordergrund stellte, steht jetzt die als existenziale Analytik verstandene Hermeneutik im Dienst der Ausarbeitung der Fundamentalontologie.24 Die Fundamentalontologie würde mit der Interpretation des Sinns vom Sein alle ontischen Wissenschaften, aber auch alle ontologischen Untersuchungen begründen.

Zwischen der früheren “existentiellen“ und der wissenschaftlichen Philosophieauffassung von 1927 besteht bei weitem keine so große Spannung. Die Situation ist eher die, dass die frühere Betonung der Philosophieauffassung Heideggers in eine umfassende, universal-wissenschaftliche Thematik eingeschmolzen wird, in die Problematik der Frage nach dem Sinn vom Sein, wodurch Heidegger eine respektvolle Frage der Philosophie neu zu positionieren versucht. Damit wird für die Philosophie ein alter neuer Forschungshorizont zugänglich. Der Einsatz von Sein und Zeit und der Vorlesung desselben Jahres ist das Aufwerfen der Frage nach dem Sinn vom Sein bzw. der Aufweis der ontologischen Differenz. Danach folgt aufgrund der vorläufigen Idee vom Sein die Interpretation des Sinns vom Sein. Es ist wichtig zu bemerken, dass Heidegger in der Vorlesung von 1927 den Begriff der Hermeneutik nicht benutzt. Diese Tatsache scheint die von uns vorher erwähnte Behauptung Heideggers, nach welcher die Hermeneutik nicht Philosophie sei, zu bestärken. Die Situation ist jedoch nicht so einfach, ja, die Ergebnisse der Hermeneutik verwendet Heidegger auch in dieser Vorlesung, genauer gesagt setzt er sie voraus.

Betrachten wir kurz, uns auf den Begriff der Philosophie konzentrierend den Text der erwähnten Vorlesung. Heidegger möchte darin vor allem die Phänomenologie bestimmen. Nach seiner Argumentation ist die Phänomenologie nichts anderes als die Philosophie, sie ist nicht eine Richtung unter anderen philosophischen Wissenschaften, sondern, so äußert sich Heidegger entschieden, der Ausdruck Phänomenologie ist die Benennung der wissenschaftlichen Philosophie überhaupt, die Methode der wissenschaftlichen Philosophie.25 Auf die antike Philosophie zurückblickend betont Heidegger, dass sich Philosophie immer als Wissenschaft verstanden hat. Der Ausdruck wissenschaftliche Philosophie ist eigentlich ein Pleonasmus. Es wäre genug, einfach von Philosophie zu sprechen. Aber warum benutzen wir dann diese attributive Struktur? Es ist nach Heidegger dem Umstand zu verdanken, dass es auch eine solche Auffassung gibt, die die Philosophie in erster Linie nicht für eine theoretische Wissenschaft hält, sondern sich die praktische Behandlung der Dinge zum Ziel setzt. Danach orientiere uns die Philosophie im Leben und biete uns eine Weltanschauung. Diese Vorstellung macht für uns die scharfe Trennung zwischen wissenschaftlicher und weltanschaulicher Philosophie notwendig. Den Zusammenhang beider Philosophiekonzepte erklärend versucht Heidegger die Phänomenologie als wissenschaftliche Philosophie aufzuzeigen. Seine Argumentation stützt sich dabei auf Kant, bei dem die Weltanschauungsphilosophie in Erscheinung trat. Kant aber benutzt dieses Wort im wissenschaftlichen Sinn. Nach Kantischer Definition ist die Philosophie in weltbürgerlicher Absicht nichts anderes als die a priorische und ontologische Umgrenzung jener Charaktere, die zum Wesen des Menschen gehören. Diese bestimmen auch den Begriff der Weltanschauung. Kant also kennt nur die wissenschaftliche Philosophie. Die Aufgabe der Philosophie ist es zu zeigen, dass zum Sein des Menschen so etwas wie Weltanschauung gehört, aber sie arbeitet nie eine bestimmte Weltanschauung aus. Dass dies nicht zur Aufgabe der Philosophie gehört, gewinnt nach Heidegger nur durch jene Voraussetzung ihren Sinn, dass die Philosophie sich nicht zu diesem oder jenem Seienden verhält, sondern sich mit dem Seinenden als Seiendem beschäftigt, d.h., so betont Heidegger vielsagend, mit dem Sein. Deshalb ist die Philosophie in erster Linie damit beschäftigt, wie wir das Sein verstehen. Diese Aufgabe bestimmt ihr ausgezeichnetes Gebiet und ihre Methode.


Wir behaupten nun: das Sein ist das echte und einzige Thema der Philosophie […] Philosophie ist nicht Wissenschaft vom Seienden, sondern vom Sein, oder wie der griechische Ausdruck lautet, Ontologie […] Philosophie ist die theoretisch-begriffliche Interpretation des Seins, seiner Struktur und seiner Möglichkeiten. Sie ist ontologisch.“26


Im Laufe der Vorlesung bindet Heidegger die Abgrenzung des Gebiets der Philosophie an die ontologische Differenz. Demnach ist die Philosophie ein Wissenschaft, die sich mit dem Sein und nicht mit dem Seienden beschäftigt. Die Methode der wissenschaftlichen Philosophie als Ontologie ist phänomenologisch. Ihre Elemente sind Reduktion, Konstruktion und Destruktion. An diesem Punkt folgen wir dem Gedankengang der Vorlesung nicht weiter, sondern heben zwei Dinge hervor, die vom Standpunkt des Philosophiebegriffs aus relevant sind:

1. Wie schon erwähnt benutzt Heidegger in dieser Vorlesung den Begriff der Hermeneutik nicht, setzt ihn aber dennoch voraus. In der oben zitierten Definition fasst er die Philosophie letztendlich als Auslegung, nämlich als theoretisch-begriffliche Interpretation des Seins. Die Interpretation ist jedoch eine hermeneutische Angelegenheit. Auch in Sein und Zeit ist die beschreibende Phänomenologie nichts anderes als Auslegung. Die Auslegung ist der hermeneutische Aspekt der Phänomenologie. Außer in der obigen Definition der Philosophie ist die Hermeneutik auch in den methodischen Überlegungen Heideggers spürbar, allerdings nicht im Sinne der eben genannten Interpretation, sondern als die frühere, die Thematisierung der Faktizität unternehmende Hermeneutik (existenziale Analytik), die das Verstehen als Weise des Daseins im Zusammenhang mit der Frage nach dem Sein aufdeckt. Ohne dieses wäre die Analyse Heideggers über den methodischen Schritt der Reduktion unverständlich, weil sich nämlich die Reduktion auf die Tatsache des Seinsverstehens bezieht.27

2. In dieser Vorlesung sowie in Sein und Zeit knüpft Heidegger den Begriff der Philosophie eng an das von ihm gekennzeichnete Gegenstandsgebiet, an das Sein. Deshalb hängt in einem bestimmten Sinn die Möglichkeit der Philosophie vom Erfolg der Ausarbeitung der Seinsfrage bzw. von der Thematisierung der ontologischen Differenz ab. Wenn wir das gut verstehen, schlägt der existentiell-hermeneutische Aspekt der Philosophie, den wir im ersten Kapitel behandelten, in das Problem eines erforschbaren und beschreibbaren Gebiets der Philosophie über.

Diese Philosophieauffassung Heideggers würde ihren wissenschaftlichen Aspekt von der Phänomenologie aus gewinnen, weil diese eine Methode ist, die die Wissenschaftlichkeit der Philosophie garantiert. Heideggers Philosophiebegriff ist in dieser Zeit im Vergleich zum existentiellen Ton der frühen Freiburger Epoche “wissenschaftlich“ und “objektiv“ gefärbt. 1927 ist die Philosophie eine transzendentale Wissenschaft, aber nicht als transzendentale Wissenschaft des Bewusstseins im Sinne Husserls, sondern als eine transzendentale Wissenschaft vom Sein. Wie schon erwähnt setzt Heidegger bei der Beschreibung einer Wissenschaft vom Sein, der Ontologie, die hermeneutische Dimension voraus, d.h. die Ergebnisse der phänomenologischen Hermeneutik. Diese Feststellung gilt auch für Sein und Zeit, wo die phänomenologische Hermeneutik als existenziale Analytik in das Problem der Seinsfrage eingebettet ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die phänomenologische Hermeneutik in eine hermeneutische Phänomenologie verwandelt. In Betracht ziehend, dass die Begriffe der Philosophie und Phänomenologie ineinander fallen, können wir auch entscheidender formulieren: bei Heidegger schlägt die Aufgabe einer philosophischen Hermeneutik in eine hermeneutische Philosophie über.

Versuchen wir das Ganze genauer zu erklären. Unter Philosophie verstehen wir im Allgemeinen ein systematisches, begrifflich artikuliertes und umfassendes Wissen, das sich auf die Welt, den Menschen usw. bezieht und das fähig ist, auf sich selbst zu reflektieren und seine Voraussetzungen bewusst zu machen. Unter Hermeneutik verstehen wir vor allem Interpretation, bei Heidegger das als Seinsweise des Daseins aufgefasste Verstehen als die Wachheit des auf sich selbst gerichteten Daseins. Demnach ist philosophische Hermeneutik eine solche Hermeneutik, die in den Dienst der philosophischen Aufgaben gestellt wurde, d.h. sie gibt den Auslegungsrahmen der begrifflichen Beschreibung der Welt, des Menschen etc. Hermeneutische Philosophie ist die als Interpretation aufgefasste Philosophie, die ihr ursprüngliches Anliegen auszulegen sucht.28 Philosophische Hermeneutik und hermeneutische Philosophie gehen Hand in Hand. Eine ist ohne die andere unvorstellbar, da diejenige Hermeneutik, die philosophische Fragen positioniert und die Situation des Verstehens interpretiert, implizit eine philosophische Stellungnahme gebärt und umgekehrt die interpretierende Philosophie, indem sie ihren Gegenstand positioniert, ungewollt Ansichtspunkt und Horizont ihrer Auslegung bezeichnet.



  1. Metaphysik


Wie wir gesehen haben, ist die ausgezeichnete Aufgabe der Philosophie die Frage nach dem Sein. Diese wird in Sein und Zeit von einem gut bestimmten Ansichtspunkt her ausgearbeitet. Und zwar wird ein Seiendes, das Dasein, auf sein Sein hin befragt. Das Sein also wird durch die existenziale Analytik als Fundamentalontologie und durch deren Methode, die hermeneutische Phänomenologie, auslegbar. Die Fundamentalontologie hat eine zweifache Rolle, einerseits sichert sie den Grund aller regionalen Ontologien, andererseits bildet sie zugleich damit auch den Ausgangspunkt der mit der Seinsfrage identifizierten Philosophie. Sie erfüllt die Rolle der ersten Philosophie im aristotelischen Sinne, oder anders formuliert – und es lohnt sich, das jetzt anders zu formulieren, um die weiteren Gedanken Heideggers verstehen zu können –, die Möglichkeit aller Metaphysik hängt von der Ausarbeitung der existenzialen Analytik ab. Die Existenz ist das (eigentümliche) Sein des Menschen. Über das Dasein können wir durch die Existenzialien sprechen, die gerade mit Hilfe der heidggerschen existenzialen Analytik aufgedeckt wurden. In der subjektiven Wendung der neuzeitlichen Philosophie nämlich ist – so klingt an einer Stelle die gnadenlose Kritik Heideggers an – hinsichtlich der Ontologie nichts geschehen.29 Die neuzeitlichen Philosophen haben in ihren Untersuchungen gerade jene Seinsphäre ausgelassen oder unbefriedigend ausgearbeitet, die sie mit großem Elan erschlossen, und in deren Namen alle miteinander auf die Erneuerung der Philosophie hingearbeitet hatten. Es handelt sich um die Sphäre der Subjektivität, als deren Leistung alles enthüllt wurde, die Erkenntnis, die Wissenschaften und natürlich auch die Philosophie. Diese Wendung nimmt ihren Anfang mit Descartes, der durch die Trennung von res extensa und res cogitans die totale Wendung des philosophischen Fragens vollzogen hat, d.h. er geht in seiner Philosophie immer vom Subjekt (ego cogito) aus. Deshalb hätte man erwartet, so Heidegger, dass das Ich in seiner spezifischen Seinsweise thematisiert, d.h. der Begriff des Seins aus der Seinsweise des Subjekts interpretiert würde.30 Das aber geschieht nicht. Descartes stellt die Frage nach der Eigentümlichkeit des Seins des Subjekts überhaupt nicht, sondern interpretiert mit dem Seinsbegriff der mittelalterlichen Philosophie operierend das Sein des Ich als Vorhandensein. Nach dieser Auffassung ist das Ich eine denkendes Ding, dessen Eigentümlichkeit im Schatten bleibt. So gelangt die Philosophie in eine Sackgasse, wovon die Fragestellungen der kantischen Philosophie zeugen. In Heideggers Augen ist nicht dies das Entscheidende, dass die alten metaphysischen Probleme zurückkamen – so betonen es die zeitgenössischen Kantianer –, sondern dass die neuen Fragen des Subjekts auf dem alten Boden ausgearbeitet wurden. Heideggers Standpunkt ist in diesem Zusammenhang eindeutig und stimmt mit dem husserlschen überein. In der neuzeitlichen Philosophie hat etwas ganz Neues angefangen, dessen ontologisch-metaphysische Relevanz unbestreitbar ist.31

Heidegger möchte eigentlich die Interpretation der Subjektivität verwirklichen, und zwar so, dass er dieser Analyse eine fundamentalontologische Rolle gibt. Die Philosophie der Subjektivität, oder wie er das nach 1929 nennt, die Metaphysik des Daseins ist die vorrangige Aufgabe der Philosophie. Nach der Abfassung von Sein und Zeit bekennt sich Heidegger – wie das auch die Titel seines neuen Buches und seiner Vorlesung zeigen (Kant und das Problem der Metaphysik (1929), Die Grundbegriffe der Metaphysik (1929/30)) – eindeutig zu den ontologisch-metaphysischen Ambitionen der Philosophie und versucht, die überlieferten metaphysischen Probleme auf das Dasein zurückzuführen und damit neu zu interpretieren. So wird die anfängliche phänomenologische Hermeneutik, die sich auf das faktische Leben konzentriert hatte, und hermeneutische Phänomenologie, die durch die existenziale Analytik zur Ausarbeitung der Seinsfrage berufen war, direkt mit dem Begriff der Metaphysik synonym, deren Ausgangspunkt die Metaphysik des Daseins bildet, welche den Begriff der existenzialen Analytik ablöst. Eigentlich versucht Heidegger, einen neuen Begriff der Metaphysik auszuarbeiten, indem er deren traditionelles Quellgebiet aufnimmt. Dieser Versuch hat zwei Gesichter. Einerseits greift er nach dem Eckstein der deutschen Philosophie, nach Kant, mit der Absicht, die Kantische Philosophie von jenen falschen Interpretationen zu befreien, die sich der Philosophie Kants ausschließlich vom erkenntnistheoretischen Standpunkt aus nähern. Damit stellt Heidegger vor uns einen Kant, der die Möglichkeit der Metaphysik erst noch prüft, und bemüht sich so, die Folgen der Kantischen Philosophie positiv zu fassen. Andererseits entwirft er in der Vorlesung von 1929/30 die Eigentümlichkeit des metaphysischen Denkens.

Im Weiteren werden wir diesen beiden Anliegen folgen. Dabei werden wir uns nicht darauf konzentrieren, ob die heideggersche Interpretation Kants angemessen oder ist nicht. Auch werden wir nicht darin herumrühren, ob die Rekonstruktion der Geschichte der Metaphysik durch Heidegger ihre Richtigkeit hat. Statt dessen werden wir die positive Bestimmung des Begriffs der Metaphysik und dessen Wirkung auf die Philosophieauffassung Heideggers in den Vordergrund stellen.



Die Philosophie der Endlichkeit und die Metaphysik des Daseins


Nach Heidegger müssen wir die metaphysischen Konsequenzen der Kritik der reinen Vernunft ziehen und damit einhergehend bestimmen, worin die Begrenzung der Vernunft besteht. Schauen wir, nach welcher Logik die kantische Philosophie Gegenstand der heideggerschen Analyse wird.

Nach Kant gruppieren sich alle Interessen der Vernunft um drei Fragen: 1. Was kann ich wissen? (Kosmologie), 2. Was soll ich tun? (Psychologie), 3. Was darf ich hoffen? (Theologie). Wie bekannt folgt den drei Fragen noch eine vierte, welche in enger Verbindung mit den drei anderen steht, und zwar die Frage Was ist der Mensch? (Anthropologie). Heidegger fragt in seinem Kantbuch nach dem Zusammenhang dieser Fragen. Dass wir auf die drei Fragen entlang der vierten eine Antwort geben können, ist für die neuzeitliche Philosophie evident. Dabei ergibt sich nach Heidegger nur das eine Problem: wie können wir nach der Idee des Menschen fragen? Wie wäre es möglich, eine Anthropologie mit philosophischem Anspruch auszuarbeiten? Die heideggersche Analyse lehnt entscheidend jene sich selbst philosophische Anthropologie nennenden Versuche ab, die mit Hinsicht auf die Ergebnisse der verschiedenen Gebiete die Idee des Menschen ausarbeiten wollen. Einen Schritt zurücktretend fragt Heidegger, wodurch eine solche Anthropologie eigentlich philosophisch wird, und betont, dass das Wesen einer philosophischen Anthropologie, die jedes philosophische Anliegen als metaphysica generalis begründet, von der Philosophie selbst (Metaphysik) her bestimmt werden muss. Heideggers Urteil ist programmatisch.


Deshalb wäre es auch voreilig…die Grundlegung der Metaphysik einer philosophischen Anthropologie zu übertragen. Die Anthropologie begründet nicht schon deshalb, weil sie Anthropologie ist, die Metaphysik.“32


Die Motivation der auf den Menschen sich richtenden Frage verbirgt sich in den anderen drei Fragen, die nach der Auffassung Kants die eigentliche Philosophie bilden. Deshalb verfahren wir nach Heidegger dann richtig, wenn wir die Zusammenhänge zwischen den Fragen eingehend untersuchen und ihren gemeinsamen Nenner so zu finden versuchen, dass sie in die vierte zurückführbar sind. Eigentlich wäre das die positive Formulierung des metaphysischen Ertrags der kantischen Philosophie. Dieser gemeinsame Nenner ist nach Heidegger nichts anderes als der Begriff der Endlichkeit.


Ein allmächtiges Wesen braucht nicht zu fragen: was kann ich, d.h. was kann ich nicht? Es braucht nicht nur nicht so fragen, es kann seinem Wesen nach diese Frage überhaupt nicht stellen. Dieses Nichtkönnen aber ist kein Mangel, sondern die Unberührtheit von jeglichem Mangel und ‚Nicht‘. Wer aber so fragt: was kann ich?, bekundet damit eine Endlichkeit, was vollends in seinem innersten Interesse von dieser Frage bewegt wird, offenbart eine Endlichkeit im Innersten seines Wesens.“33


Heidegger macht darauf aufmerksam, dass die menschliche Vernunft nicht deshalb endlich ist, weil sie die erwähnten Frage stellt, sondern umgekehrt, sie stellt diese Fragen deshalb, weil sie endlich ist. Dadurch ist es nach Heidegger bewiesen, dass die Aufgabe der Grundlegung der Metaphysik und das Problem der Endlichkeit Hand in Hand gehen. So verrät uns die Erklärung der Endlichkeit als ein metaphysischer Begriff etwas über das Wesen der Philosophie bzw. Metaphysik. Um diese verwirklichen zu können, muss man nur jene Falle umgehen, in die Kant gefallen ist, d.h.: bei der Bestimmung der menschlichen Endlichkeit darf man nicht einige Unvollkommenheiten des Menschen auswählen und daraus die Endlichkeit abstrahieren, sondern muss die aus der Gefangenschaft der mittelalterlichen Ontologie befreite Endlichkeit aus sich selbst heraus positiv bestimmen. Bei Heidegger wird dies von der Metaphysik des Dasein übernommen werden, die durch die Analyse des menschlichen Daseins die Zusammenhänge zwischen Endlichkeit und Seinfrage aufzeigt und dadurch die noble Aufgabe der Grundlegung der metaphysica generalis (Fundamentalontologie) verwirklicht.


Die Metaphysik des Daseins ist nicht nur Metaphysik über das Dasein, sondern es ist die als Dasein notwendig geschehende Metaphysik.“34


Als Dasein notwendig geschehende Metaphysik“ bedeutet zugleich, dass die menschliche Endlichkeit zu den Grundbegriffen der Metaphysik gehört. Nach all den metaphysischen Problembehandlungen, die sich auf die Unendlichkeit und Unbeweglichkeit konzentrierten, steht Heidegger nun vor der Aufgabe, über die Metaphysik als endliche menschliche Angelegenheit, über das Geschehen des Daseins zu sprechen. Die Möglichkeit der Metaphysik ist nur so vor dem extremen Positivismus zu schützen, wenn sie als Geschehen des Dasein aufgedeckt und die metaphysische Tradition erneut angeeignet wird. Das versucht Heidegger 1929 und 1930 im Rahmen einer großangelegten Vorlesungsreihe durchzuführen. Diese, die nach Safranski Heideggers heimliches Hauptwerk sei,35 trägt den Titel Die Grundbegriffe der Metaphysik, und in ihrem Untertitel treten jene metaphysischen Begriffe auf, die der neuen Metaphysik ihr Rückgrat geben: Welt, Endlichkeit, Einsamkeit.



Das Ausgezeichnetsein der Metaphysik


Das Hauptelement der oben erwähnten Vorlesung bildet der Gedanke, dass die Metaphysik nicht nur ein Gebiet der Philosophie unter anderen, sondern das Philosophieren selbst ist. Heidegger bemüht sich erneut, die Philosophie zu bestimmen. Wie wir sehen werden, ist dieser Versuch nicht nur eine Wiederholung der früheren Vorlesungen, sondern aus einer bestimmten Hinsicht jener Schritt, der die dortigen programmatischen Formulierungen verwirklicht. Erinnern wir uns an den Begriff der Philosophie, der an eine konkrete Situation gebundenen war, an jene Philosophieauffassung, die sich immer aus der Interpretation der gegebenen Situation nährt, und als solche Frage im Dasein geschieht. Jetzt bekommen wir von Heidegger darauf eine Antwort, worin dieses Geschehen besteht und wie es sich vollzieht. Den von uns für wichtig befundenen Gedankengang Heideggers fassen wir in zwei Punkten zusammen: a. die Bestimmung der Philosophie (Metaphysik), b. die Geschichte der Metaphysik.



  1. Die Bestimmung der Philosophie (Metaphysik)


Die Philosophie sei nicht Wissenschaft aber auch nicht Weltanschauungsverkündigung, so klingt Heideggers Standpunkt ähnlich den früheren Vorlesungen. Alle beide haben etwas mit der Philosophie gemeinsam, aber weder Wissenschaft noch Weltanschauung schöpfen das aus, was wir unter Philosophie (Metaphysik) verstehen. Wir kommen auch dann nicht weiter, so Heidegger, wenn wir uns der Philosophie von der Kunst oder der Religion her zu nähern versuchen. Beide sind mit der Philosophie vergleichbar, vertreten aber nicht deren Eigentümlichkeit. In Wahrheit bleibt uns nur eine Möglichkeit übrig: die Philosophie aus sich selbst heraus, aus ihrem Vollzug zu bestimmen. Das Wesen der Philosophie als Metaphysik wird von der Tätigkeit des Philosophierens getragen. Die Philosophie ist also ein menschliches Tun. Wissen wir, was der Mensch sei?, stellt Heidegger diese alte neue Frage der Philosophie. Können wir aus der Mannigfaltigkeit des menschlichen Phänomens jene Dimension aufzeigen, woher die Metaphysik sich nährt, woran sie ontologisch gebunden ist? An diesem Punkt holt sich Heidegger Novalis zur Hilfe und interpretiert dessen Satz, nach dem die Philosophie nichts anderes als Heimweh, “ein Trieb überall zu Hause zu sein“, sei.36 Aus diesem Satz erhellt sich vieles. So “ein Trieb überall zu Hause zu sein“ bedeutet, dass die Philosophie nicht ganz zu Hause ist. Zu Hause sein heißt soviel wie in der Welt sein. Die Welt ist Ganzheit, danach verlangen wir, oder, wie Heidegger formuliert, wir sind auf dem Weg dorthin, aber etwas reißt uns zurück – unsere Endlichkeit. Diese jedoch gehört nicht zu den Eigenschaften des Menschen, sondern ist ein organischer Teil unseres Daseins, d.h. sie ist unsere Seinsweise. All dies verrät uns etwas vom Menschen und von der Philosophie (Metaphysik). Die Interpretation des oben hervorgehobenen Begriffs der Endlichkeit ist nach Heidegger eine metaphysische Aufgabe.


Philosophie, Metaphysik ist ein Heimweh, ein Trieb, überall zu Hause zu sein, ein Verlangen, nicht blind und richtungslos, sondern das in uns aufwacht zu solchen Fragen und ihrer Einheit, wie wir sie eben stellten: Was ist Welt, Endlichkeit, Vereinzelung? Jede dieser Fragen fragt in das Ganze. Es genügt nicht, dass wir solche Fragen kennen, sondern entscheidend wird, ob wir solche Fragen wirklich fragen, ob wir die Kraft haben, sie durch unsere ganze Existenz hindurch zu tragen. Es genügt nicht, dass wir solchen Frage nur unbestimmt und schwankend nachhängen, sondern dieser Trieb, überall zu Hause zu sein, ist in sich zugleich das Suchen der Wege, die solchen Fragen die rechte Bahn öffnen.“37


Die Philosophie (Metaphysik) besteht nach Heidegger im Begreifen, in Begriffen ureigner Art. Diese beinhalten Ergriffenheit und sind immer in eine Grundstimmung eingebettet, von der das Dasein geprägt und bestimmt ist. Die Philosophie (Metaphysik) also vollzieht sich, geschieht in einer Grundstimmung.

Fassen wir zusammen, was wir auf dem Gedankengang Heideggers über das Wesen der Philosophie erfahren haben. Die Philosophie ist, wie wir auch früher hervorgehoben haben, nichts anderes als das Geschehen des Daseins. Nun kommt ans Licht, dass die Philosophie nichts anderes als Metaphysik ist. Also geschieht die Philosophie als Metaphysik im Dasein, oder ungekehrt, sie ist als Dasein geschehende Metaphysik. Dieses Geschehen vollzieht sich entlang einer Frage im Rahmen einer eigentümlichen Begrifflichkeit, die die Stimmung des Dasein und die dazugehörende Verstehenssituation umfasst. Wenn wir Heidegger gut verstehen, ist die Philosophie also in einer Grundstimmung, als Grundstimmung Metaphysik. In diesem Zusammenhang führt uns nach Heidegger die allgemeine Frage, was Philosophie und Metaphysik sei, in das Dunkel des menschlichen Wesens zurück.38 Diese Feststellung könnte man auf zweierlei Weise interpretieren. Einerseits versucht Heidegger mit dem Ausdruck “dunkel“ auf jene Schwierigkeit hinzuweisen, der jeder Versuch, die Beschreibung und Interpretation der Subjektivität zu unternehmen, ins Auge schauen muss. Andererseits fasst dieser Ausdruck diejenigen Begriffe zusammen, die Heidegger als Grund seiner metaphysischen Untersuchungen ansetzt: Einsamkeit, Angst, Langeweile etc.

Die wahren metaphysischen Begriffe unterscheiden sich darin von den Begriffen der Wissenschaft, dass sie auf das Ganze gehen und die Existenz durchgreifen. In der Metaphysik, im Akt des Philosophierens wird auf die Ganzheit des Seinenden hin gefragt, so dass auch wir als Fragende in die Frage hineingezogen sind. Nach der Auffassung Heideggers sind die Begriffe der Metaphysik die eigentlichen Begriffe, die sogenannten Inbegriffe. Deshalb ist das Wahrheitskriterium in der Philosophie ein ganz anderes als in den Wissenschaften, in denen man im Interesse der Objektivität aus dem wissenschaftlichen Begriffsgebrauch alle subjektiven Elemente auszuschließen bemüht ist. Die detaillierte Analyse Heideggers notwendigerweise kurz zusammengefasst, wurzelt die Wahrheit der Philosophie im Schicksal des Daseins, in Freiheit, Möglichkeit, Wandel und Lage.39 Deshalb setzt jede Philosophieauffassung, die auf einem absoluten, unverrückbaren Fundament aufgebaut werden will, den früher erwähnten Aspekt der Philosophie, das Geschehen des Schicksalsvollzugs des Daseins, außer Kraft. Den Gedankengang Heideggers zugespitzt formuliert, lässt eine solche Philosophie (Metaphysik) die Möglichkeiten menschlichen Daseins außer Acht. Die Philosophie nämlich teilt als menschliche Tätigkeit mit dem Dasein dessen Situation.


Aber wenn wir selbst nicht wissen, ob wir da philosophieren oder nicht, gerät da nicht erst alles ins Wanken? In der Tat. Es soll alles ins Wanken geraten. Wir können etwas anderes von uns aus gar nicht fordern. Das dürfte nur dann nicht geschehen, wenn uns versichert wäre, dass wir, dass jeder von uns ein Gott oder Gott selbst sei. Dann wäre auch schon die Philosophie schlechterdings überflüssig geworden und unsere Erörterung über sie erst recht. Denn Gott philosophiert nicht, wenn anders, wie es schon der Name sagt, Philosophie, diese Liebe zu…als Heimweh nach…in der Nichtigkeit, in der Endlichkeit sich halten muss. Philosophie ist das Gegenteil aller Beruhigung und Versicherung. Sie ist der Wirbel, in den der Mensch hereingewirbelt wird, um so allein ohne Phantastik das Dasein zu begreifen. Gerade weil diese Wahrheit solchen Begreifens ein Letztes und Äußerstes ist, hat sie die höchste Ungewissheit zur ständigen und gefährlichen Nachbarschaft. Kein Erkennender steht jeden Augenblick notwendig so hart am Rande des Irrtums wie der Philosophierende. Wer das noch nicht begriffen hat, der hat noch nie geahnt, was Philosophieren heißt.“40


Die Endlichkeit ist die Seinsweise des Daseins und betrifft so auch das Philosophieren. Das jedoch dürfen wir nicht verachten, sondern müssen daraus die darin steckenden Möglichkeiten entfalten. Bei Heidegger wir die radikale Besinnung in der Endlichkeit der Grund der echten Metaphysik, der eigentlichen ersten Philosophie.



  1. Die Geschichte der Metaphysik


In den Kreis der Untersuchung der metaphysischen Begriffe nimmt Heidegger die Interpretation der aristotelischen ersten Philosophie hinein. Die falsche Interpretation der metaphysischen Begriffe können wir dann verhindern, wenn wir die seltsame Geschichte der Benennung der Bücher Aristoteles‘ in Betracht ziehen. Das Wort Metaphysik hat Aristoteles eigentlich nie benutzt. Er hat den Begriff der ersten Philosophie verwendet, dessen Bedeutung Heidegger detailliert rekonstruiert. Nach den aristotelischen Intentionen sei die erste Philosophie die wahre Philosophie, die im Zusammenhang mit dem Begriff der physis am Leitfaden zweier Fragen ihre Untersuchungen führt: an der auf das Seiende im Ganzen gerichteten sowie an der auf das Wesen des Seienden gerichteten Frage. Hinter diesen zwei Fragen stehen die verschiedene Bedeutungen des Ausdrucks physis. Bei der ersten Frage spricht Aristoteles von einer episteme physike, die sich auf die Ganzheit der physis bezieht. Der Begriff der physis jedoch, darauf macht und Heidegger ständig aufmerksam, ist nicht mit dem Begriff der Natur in den Naturwissenschaften (Physik) gleichzusetzen. Episteme physike umfasst nicht nur die Tatsachen der verschiedenen Gebiete, sondern auch die Selbstbesinnung auf das Gebiet als solches, d.h. es wird auch danach gefragt, was Leben, Seele, Entstehen, Vergehen sei, danach, was Geschehen, Bewegung, Ort, Zeit, das Leere sei, in dem das Bewegte sich bewegt, und wodurch es sich bewegt.41 Die zweite Frage geht entsprechend der als Wesen des Seinenden verstandenen physis demjenigen nach, was das Seiende zum Seienden macht (ousia). Es ist also wichtig, dass die erste und die zweite Fragestellung sich gleichermaßen auf die physis beziehen, bzw. dass Aristoteles entlang der zwei Fragen mit einem einheitlichen Begriff der physis die erste, d.h. eigentliche Philosophie entwirft. Nach Heidegger bleibt es Aristoteles schuldig, den Zusammenhang beider Fragen zu klären. Er beschreibt nicht, wie die beiden Untersuchungsrichtungen eine Einheit in der physis, oder wie es Heidegger, um die Konnotationen der modernen Physik und Biologie zu umgehen, nennt, in dem “sich selbst bildenden Walten des Seienden im Ganzen“, bilden. Philosophie ist nichts anderes als die in diesem Prozess sich vollziehende und sich darauf richtende Besinnung. Der Schlüsselbegriff der Philosophie ist deshalb der Begriff der physis, aus dem wir das Wesen der jeweiligen Philosophie (Metaphysik) ablesen können, wie nämlich diese Philosophie die Einheit und das Geschehen der physis versteht. Das wird die Interpretationsbasis, auf der Heidegger die Geschichte der Philosophie überdenkt.

In seinen Augen hat die Metaphysik bei Aristoteles ihren Höhepunkt erreicht, aber damit hat gleichzeitig auch ihr Verfall begonnen. Die Geschichte des Verfalls bestand im Zerfall der einheitlichen Problematik, d.h. im Auftreten der verschiedenen philosophischen Disziplinen (Logik, Ethik, Physik etc). So löste sich zum Beispiel aus der Einheit der physis die menschliche Handlung als eine besondere Seinsart, mit der sich die Wissenschaft der Ethik beschäftigt. Dasselbe passiert auch im Falle von Logik, Erkenntnistheorie und den anderen Gebieten. Einem von diesen wird danach jedes Problem untergeordnet und damit das lebendige Fragen verhindert. Dadurch verliert die Metaphysik genau jene Charakteristik – die Ergriffenheit –, die zu ihrem Wesen gehört.

Was bleibt eigentlich damit außen vor? Bleiben wir einen kurzen Augenblick stehen und interpretieren, was Heidegger uns zu sagen hat. Mit der Auflösung der Philosophie in verschiedene Gebiete, blieb nichts anderes außen vor als das Geschehen der Philosophie als Metaphysik. Heideggers Standpunkt ist eindeutig. Die Geschichte der Metaphysik ist eine Verfallsgeschichte, als deren Ergebnis die Metaphysik ein Gebiet unter anderen wird. Damit wird aus der Bestimmung der Metaphysik jedes subjektive Element ausgeschlossen, d.h. sie bleibt ohne Einsatz. Die traditionelle Metaphysik wird “objektiv“.42 Ihr Schicksal entscheidet sich – sie wird eine eigene Disziplin unter anderen, die – durch die merkwürdige Interpretation des Wortes unterstützt – sich auf die übersinnliche Ebene konzentriert. In dem Wort Metaphysik wird meta- als trans- interpretiert, wodurch die aristotelische erste Philosophie eine neue Bedeutung bekommt: mit den übersinnlichen Gegenständen sich beschäftigende Wissenschaft. Dies wird vom theologischen Interesse des Mittelalters forciert. Heidegger untersucht hier relativ detailliert den Standpunkt des Thomas von Aquin und von Suarez.43

An dieser Stelle brechen wir den Gedankengang der heideggerschen Vorlesung ab, weil er für unser Thema nicht weiter notwendig ist. Statt dessen versuchen wir Heideggers Intentionen und seinen Standpunkt erneut festzuhalten. Wir hatten gesehen, dass die Philosophie selbst Metaphysik ist, die in das Schicksal des Menschen eingebettet ist. Die Analyse der Geschichte der Metaphysik zeigte uns gleichzeitig auch eine Auffassung der Metaphysik, nach der diese sich mit der übersinnlichen Welt beschäftigt. Heidegger setzt diese zwei Aspekte mit dem Konzept der ersten Philosophie bei Aristoteles so auseinander, dass er nach der Metaphysik als Geschehen fragt, nämlich nach der Quelle der Metaphysik, aus der die auf das Ganze gehenden und die Existenz durchgreifenden (metaphysischen) Begriffe entspringen. Diese Quelle ist nichts anderes als die Situation des Verstehens, die eine gestimmte ist, von der Gestimmtheit umhüllt wird. Dies beeinflusst, wie wir das Seiende in seiner Ganzheit und in seinem Wesen (Sein) verstehen. Die heideggersche Philosophie interpretiert sich selbst als erste Philosophie, die sich entlang der Begriffe Welt, Endlichkeit und Einsamkeit entfaltet und so die metaphysischen Schulden der neuzeitlichen Philosophie zu bezahlen versucht. Diese Aufgabe müssen wir nach Heidegger zu Bewusstsein bringen, und zwar mit der Weckung jener Grundstimmung44, in der wir uns befinden, im Interesse dessen, dass wir zu einer universalen, phänomenologischen Ontologie (Metaphysik) gelangen, die die systematische Ausarbeitung der Idee vom Sein unternimmt.


An diesem Punkt schließen wir die Darstellung der heideggerschen Philosophieauffassung ab. Im Laufe unseres Weges hat sich die als Leitfaden unserer Arbeit gewählte, aus Sein und Zeit stammende Philosophiedefinition mit vielfältigen Inhalten gefüllt. Wir konnten sehen, dass der Begriff der Philosophie (ihre Aufgabe, ihre Motivation, ihr Gegenstand und ihr Ziel) immer an das Problem des Daseins gebunden war. Die Hermeneutik des Daseins als phänomenologische Hermeneutik der Faktizität und existenziale Analytik, dann später als Metaphysik des Daseins half bei der Geburt der eigentlichen ontologischen, metaphysischen Problemstellungen. Bei Heidegger ersetzt die Hermeneutik des Daseins die Mängel der subjektiven Wendung der neuzeitlichen Philosophie, sie ist die Bedingung der Möglichkeit der universalen phänomenologischen Ontologie, d.h. der eigentlichen Philosophie.



  1. Die Einheit der Philosophieauffassung Heideggers


Versuchen wir die Philosophieauffassung des analysierten Zeitraums in Einheit zu bringen und zu bewerten. Wir sahen, dass die Philosophie die Möglichkeit des Daseins ist und im Dasein ihre Geschichte hat. Sie beginnt mit dem Auftauchen einer Frage. Die gefragte Sache wird in der vorläufigen Begrifflichkeit der Verstehenssituation artikuliert, wodurch sie der Gegenstand der philosophischen Interpretation wird. Bei den ersten Schritten der Philosophie steht in Verbindung mit dem Fragen und der Verstehenssituation zugleich die Hermeneutik, die zur Interpretation der Faktizität berufen ist. In der späteren, mit der Frage nach dem Sein verbundenen Auffassung dominieren zwei der Philosophie synonyme Begriffe: Ontologie und Phänomenologie. Schließlich wird die Philosophie mit dem Begriff der Metaphysik austauschbar, d.h. die Philosophie wird nichts anderes sein als Metaphysik. Auf seinem Weg des Denkens formuliert Heidegger immer größere Ambitionen. Die als Synonyme der Philosophie erscheinenden Begriffe verbreiten sich wirbelnd in konzentrischen Kreisen und nehmen so langsam die ganze philosophische Überlieferung in sich auf. Diese wird von Heidegger positioniert, aufgezeigt und schließlich enteignet. Seine Wirkung im Bereich der deutschen Philosophie ist mit der Hegels vergleichbar. Falls wir Heidegger nicht dogmatisch, ihn nur wiedergebend folgen wollen, müssen wir uns mit der Grundposition seines Philosophierens, d.h. mit seiner existenzial-hermeneutischen Einstellung kritisch auseinandersetzen. In Wahrheit sind die Begriffe der Ontologie, Phänomenologie und Metaphysik nur von der Hermeneutik her interpretierbar. Die universale Ontologie möchte Heidegger von der existenzialen Analytik her ausarbeiten, die eine hermeneutische Aufgabe ist. Die Phänomenologie hingegen als die Beschreibungsmethode der Philosophie ist in Sein und Zeit als Auslegung definiert, die das Herzstück der jeweiligen Hermeneutik ist.

In unserer Arbeit unterschieden wir zwischen phänomenologischer Hermeneutik der frühen Vorlesungen Heideggers und seiner späteren hermeneutischen Phänomenologie. Letztere hätte als Fundamentalontologie für die Philosophie als Forschungsgebiet den Boden bereitet. Absehend von der Frage, was das Scheitern der Fundamentalontologie verursacht hat, betonen wir, dass die Wissenschaftlichkeit der Philosophie, d.h. die Bestimmung der Philosophie seit der Antike, für Heidegger letztendlich von der Hermeneutik abhängt. Wir können noch eindeutiger formulieren: die ursprüngliche Gestalt der Philosophie ist hermeneutisch. Heidegger benutzt dieses Wortpaar nicht, für ihn wäre die hermeneutische Philosophie genau solch ein Pleonasmus wie die Ausdrücke der wissenschaftlichen und phänomenologischen Philosophie. Die Hermeneutik will also die Philosophie zu dem ihr eigenen wissenschaftlichen Ursprung zurückführen. Insofern wir die Aufmerksamkeit auf den von uns schon zitierten Gedanken der frühen Freiburger Vorlesungen legen, nach dem die Hermeneutik eigentlich nicht Philosophie ist, können wir unseren Gedankengang präzisieren: die reife und begrifflich artikulierte Philosophie ist eigentlich Ontologie und Metaphysik, in ihrer Methode hingegen Phänomenologie. Die Hermeneutik ist “etwas recht Vorläufiges“, nämlich Heidegger dicht interpretierend die radikale Selbstbesinnung in der Aufgabe der Philosophie. Die Hermeneutik würde die Philosophie darauf hinweisen, dass der bloße Anspruch der Voraussetzungslosigkeit auch eine Voraussetzung beinhaltet: die der Möglichkeit der Voraussetzungslosigkeit. Sie würde auf ihre geschichtlichen Zusammenhänge hinweisen und darauf, dass jede philosophische Interpretation einen verfestigten Blickstand, eine durch diesen motivierte Blickrichtung und eine von beiden ausgegrenzte Sichtweite hat, in der das Verstehen in einer Situation der immer lebendigen Gegenwart erfolgt.45

Die Hermeneutik bringt mit dem Aufdecken der Verstehenssituation des Daseins die Philosophie ständig in die Nähe der Möglichkeit, der konkreten Möglichkeit des Daseins, in der die auf abstrakte Weise schwebenden, im Laufe der philosophischen Tradition versteinerten Probleme von Neuem in eine Form des lebendigen Fragens gelangen. Die Hermeneutik würde der Philosophie Leben einhauchen. Indem sie jene Ansicht, die bloß die Plausibilität in Betracht zieht, zurücksetzt, würde sie das für die Philosophie unerlässliche konsequente Denken authentisch machen. Das Konzept der heideggerschen Philosophie hat einen Einsatz: unser eigenes Sein steht auf dem Spiel. Für das Dasein ist wegen seiner Endlichkeit, d.h. seiner jeweiligen hermeneutischen Situation die konkrete Möglichkeit des Philosophierens immer geöffnet. “Als Mensch da sein, heißt philosophieren. Das Tier kann nicht philosophieren; Gott braucht nicht zu philosophieren. Ein Gott, der philosophierte, wäre kein Gott, weil das Wesen der Philosophie ist, eine endliche Möglichkeit eines endlichen Seienden zu sein.“46



  1. Die Hermeneutik der Philosophieerfahrung


Das Konzept Heideggers ist eigentlich auf die Erfahrbarkeit (zu den Sachen selbst) sich konzentrierende und als ontologisch-metaphysisches Bestreben interpretierte hermeneutische Phänomenologie. Phänomenologie, Hermeneutik und Metaphysik sind Dimensionen, die das Wesen der Philosophie ausmachen, sie sind also von der Eigentümlichkeit der Tätigkeit des Philosophierens nicht zu trennen. Der Anfang der Philosophie und ihre Entfaltung sind die notwendigen Elemente derselben gedanklichen Bewegung. Die Trennung zwischen ihnen ist ausschließlich heuristischer Art. Wenn wir in Betracht ziehen, dass Heidegger in seinen Vorlesungen immer Wert auf das Problem des Anfangs gelegt hat, und daneben auf jene starke “metaphilosophische Wachheit“ aufmerksam sind, mit der er immer wieder nach der Philosophie als Phänomen gefragt hat, dann scheint es berechtigt, Heideggers Anliegen als Hermeneutik der Philosophieerfahrung aufzufassen.47 Die Philosophie, gegeben aus ihrem Wesen, ist nichts anderes als die Erfahrung des Denkens. Deshalb verstehen wir unter Hermeneutik der Philosophieerfahrung die Interpretation der Erfahrung des Denkens. In diesem Fall vertreten die von uns bei der Philosophieauffassung Heideggers einigermaßen konzeptiös unterschiedenen Schichten eigentlich die Phasen autonomen philosophischen Denkens.

Demnach zielt die phänomenologische Hermeneutik, auf das faktische Leben sich konzentrierend, auf den Prozess des Verstehens als Quelle der Philosophie. Diese Quelle ist ein ständiges Strömen, Lebensgeschehen. Das Quellgebiet ist in der Auffassung Heideggers die alltägliche Verstehenssituation, die nur dadurch thematisch wird, dass etwas ihre Spontaneität verhindert. Die phänomenologische Hermeneutik zeigt mit dem Aufdecken des Quellgebiets der Philosophie zugleich die Möglichkeiten des Daseins, dass nämlich die Philosophie als Geschehen des Daseins gegeben ist.

Die vorrangige Aufgabe der hermeneutisch verstandenen Phänomenologie ist, dass sie aus dem Quellgebiet die vorläufige Idee vom Sein herausarbeitet und deren Sinn interpretiert. Hier wird die Philosophie die Ergebnisse der phänomenologischen Hermeneutik als existenziale Analytik festhalten und diese als ein solches Gebiet aufzeigen, aus dem der Sinn vom Sein herauszulesen ist. Die Philosophie erscheint als ein wissenschaftlich zu erforschendes Gebiet, dessen Ausgangspunkt im Licht der phänomenologischen Hermeneutik evident ist. Dieses Gebiet wird die Aufgabe haben, die versteinerte Tradition aufzubrechen (Destruktion), sie ins Quellgebiet zurückzuführen (Reduktion) und ins so neu entfaltete Feld einzuzeichnen (Konstruktion). Das wird der Punkt sein, an dem die Philosophie programmatisch wird.

Die Metaphysik ist bei Heidegger gleich dem Akt des Philosophierens ein lebendiges Geschehen, in der die Philosophie Motivation und Ziel gewinnt. Sie ist nichts anderes als das Geschehen des Zusammenhangs der zwei vorigen Dimensionen im Dasein und die darauf gerichtete Reflexion, die ein umfassendes Denken ist, das im Einklang mit der klassischen griechischen Auffassung dem Teil einen Platz im Ganzen zuweist.

Die Struktur der Philosophieerfahrung hat also drei Aspekte – Quelle und Entfaltung des Denkens (Philosophie), und beide in Einheit denkende Reflexion, die nach Heidegger das ursprüngliche Geschehen der physis, d.h. Metaphysik ist. Das Philosophieren ist zugleich Bildung der Begriffe und Behandlung dieser. In der Philosophie ist nach Heidegger die Bewegung der Begriffe nicht dialektisch sondern diahermeneutisch, d.h. ihre Entstehung und Umwandlung ist der Umgebung der Verstehenssituation zu verdanken.48 Heidegger einigermaßen frei interpretiert, werden so die klassischen metaphysischen Begriffe entlang der durch die neue Situation ausgezeichneten, die Existenz durchgreifenden und auf das Ganze gehenden Begriffe artikuliert. Diese hermeneutische Bewegung vollzieht sich im Kreis der Erkenntnis des Selbst, der Welt und der Tradition, im Wechsel der alltäglichen und philosophischen Einstellung.

In der heideggerschen Auffassung sind zwei Tendenzen bestimmend, einerseits das Interesse für das alltägliche Verstehen von der Philosophie her, andererseits das Problem des Übergangs von der alltäglichen zur philosophischen Einstellung. Deshalb ist es durch die Philosophie Heideggers gut möglich herauszustellen, welche Aspekte und Bewegungen der alltäglichen, natürlichen Einstellung die philosophische Einstellung auslösen, und umgekehrt, wann und warum die philosophischen Fragestellungen den Bezug zur natürlichen Einstellung brauchen. Es scheint so, als hätte die eine für die andere therapeutische Wirkung. Der spezifische, philosophische Inhalt gewinnt seinen Einsatzcharakter vom Geschehen der alltäglichen Erfahrung, ebenso wie die in der natürlichen Einstellung versteckten Möglichkeiten (Möglichkeiten des Daseins) sich durch philosophische Analyse und Kritik artikulieren. Der philosophische Standpunkt also bildet sich innerhalb eines Dreiecks heraus, dessen Eckpunkte alltägliches Verstehen, von diesem sich abgrenzende wissenschaftliche Einstellung und die Tradition der philosophischen Fragestellungen sind. So wird die Philosophie das unentbehrliche Element der Selbstaneignung des Daseins, andererseits hingegen begründende Philosophie (Fundamentalontologie). Bei beiden ist die Endlichkeit der Schlüsselbegriff. Die Erfahrung setzt Endlichkeit voraus. Die Philosophie als Erfahrung und menschliche Tätigkeit ist so selbst auch endlich. Philosophie ist Philosophie der Endlichkeit, was gleichzeitig die Endlichkeit der Philosophie bedeutet. Dieser heideggersche Standpunkt erweist sich als fester Blickstand, der eine bestimmte Blickrichtung motiviert, welche beide zusammen die Sichtweite der heideggerschen Philosophie ausgrenzen. Hinter dieser steht, wie wir ganz am Anfang sahen, ein Sprung in die Welt – eine Entscheidung, durch die sich die Philosophie als ausgezeichnete Weise des In-der-Welt-seins erweist – die durch das Verstehen ausgezeichnete Seinsweise, die nach dem Verstehen des Verstehens strebt.

Zu Beginn unserer Arbeit behaupteten wir, dass Heidegger die in der Tradition beheimatete Philosophieauffassung aus neuer Perspektive radikal neu interpretiert. In der philosophischen Tradition liegt der Anfang der Philosophie im Fragen, Zweifeln und Staunen. Hinter der Philosophieauffassung Heideggers steht auch ein eigentümliches Staunen: das von der Erfahrung des Verstehens ausgelöste Erstaunen. Diese Wirkung formuliert Grondin in seinem Buch über Gadamer anschaulich: “Verstehen heißt nicht Begreifen und Beherrschen. Es ist wie das Atmen und das Lieben: man weiß nicht so recht, was uns da hält und woher der Wind kommt, der uns Leben einflößt, aber wir wissen, dass alles davon abhängt, und dass wir nichts beherrschen.“49




**Die Gesichtspunkte meines Aufsatzes über Heidegger habe ich durch die Auseinandersetzung mit der Philosophie Gadamers und Husserls in den Seminaren bei István M. Fehér und Balázs Mezei an der Eötvös Loránd Universität Budapest gewonnen. Für die Hilfe bei der Übersetzung der Arbeit vom Ungarischen ins Deutsche möchte ich Heike Flemming danken.

1 Heidegger, Martin Einführung in die Metaphysik; Tübingen 1998, S. 7

2 Heidegger, Martin Sein und Zeit; Tübingen 1993, S. 38 (Hervorhebungen mittels Fettdruck vom Verfassers, P.S.)

3 Heidegger, Martin Zur Bestimmung der Philosophie (Gesamtausgabe, Band 56/57), Tübingen 1987 Im folgenden werde ich auf die Bände der Gesamtausgabe (GA) verweisen.

4 Grundprobleme der Phänomenologie (GA 24)

5 sh. GA 56/57, S. 131

6 Riedel Manfred Die Urstiftung der hermeneutischen Phänomenologie. Heideggers Auseinandersetzung mit Husserl, in: ders.: Hören auf die Sprache; Frankfurt am Main 1990, S. 77

7 István M. Fehér wertet in seinem Buch Heidegger és a skepticizmus (Budapest, Korona Nova 1998) diese Frage Heideggers als Versuch der Neubegründung der Philosophie und als radikale Epoche des Philosophen, das mit dem Gedankenexperiment Descartes' analog sei. Aber hier wird nicht das Sein des Subjekts, sondern durch die Fraglichkeit des Fragens das Sein der Frage thematisiert. Fehér interpretiert die Philosophieauffassung des frühen Heidegger als existentiellen Skeptizismus, als hermeneutisch verstandenen Skeptizismus, auf dessen Grund das “hermeneutische cogito“ bzw. der Erlebnischarakter und die Gewissheit der Frage und des Fragens steht.

8 GA 56/57, S. 63 (Hervorhebungen im ursprünglichen Text)

9 GA 61, S. 2

10 ebd., S. 12 (Hervorhebungen der Worte Situation, Problem und Frage vom Verfasser, P.S.)

11 “Die Rose ist eine Pflanze, Pflanze ist ein Organismus usf. Für ganz bestimmte Gegenstandsgebiete und erkenntnismäßig ganz bestimmt intendierte Gegenstände hat die besagte Definitionsnorm einen Sinn. Philosophie ist etwas, formal gesprochen ein Gegenstand. Aber ist sie ein Gegenstand vom Charakter der Rose, bzw. eines Dinges, einer Sache?“ (ebd., S. 17)

12 “Das genuine Prinzip ist existentiell-philosophisch nur in der Grunderfahrung Leidenschaft zu gewinnen. Da ist es unerhellt. »Aus Prinzip«, »ohne Leidenschaft«, in Reflexion, in Verlust geraten. Prinzipiell kein »Behalt«. »Aus Prinzip« kann man alles sein und haben (Kierkegaard).“ (ebd., S. 24)

13 ebd., S. 35

14 Gleichzeitig ist es wichtig zu betonen, dass die Philosophie für Heidegger ein ausgezeichnetes, existentielles Phänomen ist. (vgl. ebd., S. 56)

15 GA 27 (1928)

16 GA 63 (SS 1923)

17 ebd., S. 15

18 ebd., S. 17

19 ebd., S. 20

20 “Standpunktfreiheit ist, wenn das Wort überhaupt etwas besagen soll, nichts anderes als ausdrückliche Aneignung des Blickstandes. Dieser selbst ist etwas Historisches, d.h. dem Dasein verhaftet […], kein außerzeitliches chimärisches Ansich.“ (ebd., S. 83)

21 Phänomenologische Interpretationen zu Aristoteles, herausgegeben von Günther Neumann; Stuttgart 2003, S. 27f

22 ebd., S. 29

23 GA 24 (SS 1927)

24 Die Hermeneutik in Sein und Zeit hat drei Bedeutungen, aus welchen Heidegger die Auslegung und die Existenzialanalytik hervorhebt und der letzteren aus philosophischer Hinsicht Priorität zumisst. (sh. Sein und Zeit §6)

25 vgl. GA 24, S.3

26 ebd., S. 15

27 “Für uns bedeutet die phänomenologische Reduktion die Rückführung des phänomenologischen Blickes von der wie immer bestimmten Erfassung des Seienden auf das Verstehen des Seins (Entwerfen auf die Weise seiner Unverborgenheit) dieses Seienden.“ (ebd., S. 29)

28 Bei der Unterscheidung von philosophischer Hermeneutik und hermeneutischer Philosophie stütze ich mich auf die folgenden Aufsätze: Figal, Günther Philosophische Hermeneutik – Hermeneutische Philosophie, in: Hermeneutische Wege, herausgegeben von Günther Figal; Tübingen 2000; Bollnow, Otto Friedrich Festrede zu Wilhelm Diltheys 150. Geburtstag, in: Diltheyjahrbuch 2/1984; Feher, M. István Gadamer és a hermeneutika, in: Valóság 1987/10; Figal versucht in seinem Aufsatz mit dem Ausdruck hermeneutische Philosophie das philosophische Anliegen Gadamers zur Geltung zu bringen. Es ist festzuhalten, dass die von mir eingeführte Trennung von philosophischer Hermeneutik und hermeneutischer Philosophie ausschließlich der Markierung der Absichten der heideggerschen Philosophieauffassung dient.

29 GA 24, S. 175

30 vgl. ebd., S.146

31 Im Falles Husserls müsste man den Gebrauch des Wortes Metaphysik genauer bestimmen. Dazu geben Vorlesungen Husserls einige Orientierungspunkte. (Erste Philosophie (1923/24), in: Gesammelte Schriften 6, herausgegeben von Elisabeth Ströker; Hamburg 1992)

32 GA 3, S. 213

33 ebd., S. 216

34 ebd., S. 231

35 Safranski, Rüdiger Ein Meister aus Deutschland; Frankfurt am Main 1997, S. 217

36 GA 29/30, S.7

37 ebd., S. 9

38 ebd., S. 10

39 vgl. ebd., S. 28

40 ebd., S.28f

41 vgl. ebd., S. 49

42 Natürlich betrachtet Heidegger einen Prozess von seinem Ende her, von dem aus er versucht, sich den Anfang zu denken, in dem das Ende schon angelegt war.

43 vgl. ebd., S. 69–84

44 sh. ebd., S. 89ff

45 vgl. Phänomenologische Interpretationen zu Aristoteles, S. 7f

46 GA 27, S. 3

47 Das Wort Philosophieerfahrung bezieht sich auf die Erfahrung der Philosophie. Mit dieser Zusammensetzung möchte ich den phänomenologischen Zusammenhang zwischen beiden Begriffen betonen.

48 Über den diahermeneutischen Aspekt der philosophischen Begriff sh. GA 58 (Grundprobleme der Phänomenologie, WS 1919/20), S. 262; über die Beziehung von Erfahrung und hegelscher Dialektik sh. Hegels Begriff der Erfahrung, in: GA 5 (Holzwege)

49 Grondin, Jean Einführung zu Gadamer; Tübingen 2000, S.28