„Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts
zu essen gegeben“
Die Geschichte ist der Lehrmeister des
Menschen.
476 vor den Toren Rom´s stehen Alarik´s Goten.
Unbarmherziger Kampf ist im Gange. In
einer verhängnisvollen Nacht öffnen die römischen Sklaven die Tore der Stadt
und mit den einströmenden Barbaren setzen sie die christliche Stadt in Brand,
dessen Bürger zwar den Gott der Liebe kannten, aber in ihren Taten haben sie
Ihmm nicht gefolgt, denn sie haben doch die Massen in Sklaverei gehalten. Leider
haben auch die blühenden, christlichen Städte Nordafrikas keine Solidarität mit
den Sklaven und Armen gezeigt. Ein paar
tausend Kämpfer der Vandalen haben alles in Flammen gesetzt. Das Gesindel, die
bettelarmen Menschen haben Befreier in den Barbaren gesehen und sie haben, die
mit den Eremiten und Schulen von Alexandrien so schön anlaufenden Christentum
in Afrika für Jahrtausende ausgelöscht.
Wir sollten wissen, daß schon hier auf Erden
die Folgen schrecklich sind, wenn wir die Armen und Hilfsbedürftigen nicht mit
Christus` Liebe annehmen. Das Gebot der barmherzigen Liebe ist nicht
fakultativ. Es ist nicht nur eine der vielen liturgischen und anders artigen
Vorschriften, sondern die Einzige, von wessen erleben unser weltliches und
ewiges Leben abhängt.
Wie anders hätte sich die Geschichte
entwickelt, wenn die ungarischen Adeligen und Bischöfe, vor der Türken-Schlacht
von Mohacs (1526), wenigstens die Hälfte ihrer Grundbesitzungen den Armen, den
Leibeigenen gegeben hätten. Wenn jemand etwas besitzt, will er es auch beschützen. Wenn jemand
keinen Besitz hat, ist ihm alles egal. Die ungarischen Christen der damaligen
Zeit haben ihre Güter nicht mit dem eigenen Blut teilen wollen und so am
Schlachtfeld allein gelassen, haben sie die Schlacht gegen die Heiden verloren.
Der Bischof Ottokar Prohaska hat die
christliche Gesellschaft seines Zeitalters (
Jh) zur Solidarität mit den Armen aufgerufen. Leider hat man ihn als
„Kommunisten“ abgestempelt und ausgelacht. Es ist geschichtliche Tatsache, daß
die, die Prohaska verurteilt haben, auf ihre eigene Haut die unbarmherzigkeit
des Pöbels erfahren mußten als die riesigen kirchlichen Güter in Stunden
geschmolzen, das Vermögen der christlichen Grundbesitzer und Fabrikanten in die
Hände des „Volkes“ gekommen und dort durch die Jahre vollkommener Mißwirtschaft
abgewirtschaftet wurde und zerfallen ist.
Mit der Wende im Jahr 1989 hat Gott den Völkern
Osteuropas eine neue Möglichkeit gegeben neu anzufangen. Die Frage ist auch
jetzt die Gleiche: Ich habe Hunger! Gibst mir was zum Essen? Ich habe keine
Kleider! Kleidest du mich an? Unwissend bin ich! Unterrichtest du mich? Grob,
ungebildet, elendig bin ich! Bemühst du dich um mich mit Liebe, Güte und
Erbarmen? Sündiger, verlorener Sohn bin ich! Kannst du dich mit der Liebe, verzeihender
Güte des Vaters zu mir herabbeugen? Die Antworten auf diese Fragen entscheiden
über unsere Zukunft.
Neben dem Übel der großen Welt beschäftigen
mich die Probleme unserer näheren Umgebung. Die Anstrengungen der Großmächte,
die auch einen weltweiten Brand verursachen könnten, werden unsere kleine Welt
nicht von Gewalt reinigen können, wenn wir dort, wo wir leben nicht alle, den
Weg der Liebe und Solidarität beschreiten. Hier bei uns in dem Komitat Hunyad
ist das körperliche und seelische Elend sehr groß, nach offiziellen Schätzungen
hat die Arbeitslosigkeit bereits 30% erreicht. Wenn es uns nicht gelingt die
Sorgen und Nöte der arbeitslosen, armen Menschen wie die der Bergarbeiter zu
lösen, die verbitterten Menschen werden alles zerstören. Es ist vergeblich, was
auch wir für uns bauen, das Gesindel wird alles von uns wegnehmen. Der einziger
begehbare Weg ist der Weg von Christus, der Weg der selbstlosen Liebe, die
vollkommene Solidarität mit den Armen.
Die Kundgebungen der Bergleute haben bewiesen,
daß es nicht wichtig ist wer Recht hat, oder Anrecht hat auf etwas. Gott steht
immer zu den hungernden Menschen und gibt denen Recht, die um ihr Überleben
kämpfen. Er hat das Recht zum essen, im Leben zu bleiben, und wenn wir ihm
nicht helfen, nicht beibringen wie man „fischt“ und überlebt, dann wird er
alles von uns wegnehmen, weil wir die
christliche Liebe vergessen haben. Das Gebot der Liebe ist nicht bloß die Frage
der Erziehung. Wenn in der Gemeinschaft, Gesellschaft die Liebe abnimmt, so
wird diese Gemeinschaft, Gesellschaft aufhören zu existieren. Wenn wir uns von
den neben uns lebenden Armen abwenden, dann wenden wir uns von unserem Leben
und unserer Zukunft ab.
Es ist möglich, daß die sozialen Fragen für die
westlichen Kirchen keine Priorität bedeuten, weil dort die Gesellschaft so
christlich ist, übernimmt und die Fragen des Elends löst, aber bei uns muß es
sich mit dem Geist und der Gesinnung des Hl.Fraziskus, Hl.Vinzenz von Paul,
Hl.Philipp von Neri, in die Pfarren und Gemeinschaften erst hinein wachsen.
Gott belohnt den Verzicht, die Selbstlosigkeit
bereits hundertfach auf Erden. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß Er das
Fehlen dieser Tugenden hundertfach bestraft.
Hier in Süd-Siebenbürgen ist unsere Existenz
gefährdet, wenn wir mit den Armen nicht alles teilen.
Diese Erkenntnis hat dorthin geführt, daß nach
unserem Kloster in Deva der Provinzial
auch das Kloster in Brohs den Ärmsten, aus den Nestern der Familien gefallenen
Waisen überlassen hat.
Für mich war es ein wunderbares Erlebnis, wie
vom Hl.Franziskus, die armen Waisenkinder in dieses schön eingerichtetes
Kloster zu bringen und zu ihnen zu sagen: von heute an ist es euer Daheim. Ihr
werdet hier schlafen, essen, lernen, zu Menschen und Christen werden. Als alles
seinen Platz gefunden hat und jedes Kind sein Bett bekommen hat, bin ich leise
aus dem Kloster hinausgegangen. Draußen blieb ich stehen und schaute zurück in
der Abenddämmerung. Das Licht schimmerte durch das Fenster und ich hörte das
glückliche Lachen der Kinder und die sanften stimmen der Erzieher. Große Freude
durchströmte mein Herz, ich spürte, ich wußte, daß der Herr und sein Diener
Franziskus sanftmütig lächeln und unser Volk, unsere Kirche, unsere Fraziskaner
Provinz mit ihrer unendlichen Gnade beschenken.
Momentan geben wir 287 Kindern Herberge,
täglich Essen in Deva und in Brohs. Unsere Arbeit wurde von vielen-vielen
großartigen Menschen bis Heute unterstützt.
Bei dieser Gelegenheit danke ich ihnen für ihre
Güte, weiterhin hoffe ich auf ihre Liebe und Hilfe für unseren Kindern.
Bruder Csaba,
Deva, 22.09.2001