ADVENT
Herr Jesus Christus, hier vor mir ist die Hl. Schrift, ich lese die Zeilen, wo Du über zehn Jungfrauen sprichst, die den Bräutigam erwarten. Sie sind schön angezogen, mit Blumen in ihren Haaren und Juwelen auf ihren Körpern. Sie sind schön, jung. Sie haben Öllampen in ihren Händen, das Licht des duftigen Öls leuchtet herrlich. Die gutgelaunten Mädchen plaudern miteinander, aber nach einiger Zeit werden sie müde kuscheln sich zusammen in der warmen, mediteranen Nacht und schlafen ein. Das Licht der Lampen leuchtet noch eine Weile, doch dann erlöscht eine nach der anderen. Um Mitternacht ist es völlig ruhig und dunkel. Die Gesänge der nahenden Hochzeitsgeselschaft werden lauter. Die Mädchen erwachen, ordnen ihre Kleider und Haare. Die Lampen werden neuerlich angezündet.
So
schön, lieblich ist das Bild. Und Du Herr sagst, daß von diesen jungen Mädchen
fünf draußen bleiben müssen, weinend in der Nacht, und nicht in den
Hochzeitssaal dürfen. Ich verstehe es nicht Herr? Alle sind eingeschlafen, alle
ihre Lampen sind erloschen, alle sind aufgestanden und haben ihre Lampen in
Ordnung gebracht. Scheinbar haben alle den gleichen Fehler gemacht. Nur die
werden ausgeschlossen, die nicht noch einmal anfangen können? Die ihre Lampen
nicht neuerlich anzünden können?
Nicht
das ist wichtig, was schon vorbei ist. Nicht das ist wichtig, daß das Licht meines
Glaubens und meiner Liebe geflackert hat und fast erloschen ist, nein nur das
ist wichtig ob ich noch genug Kraft habe nochmals anzufangen, aufzustehen,
dazu, daß mein Licht nochmals aufflackert und brennt.
Es
ist Advent! So oft bin ich aufgestanden, und habe den Weg der Liebe, der Güte
beschritten in dem Licht der Gnade. So oft habe ich mich selbstlos angezündet
für andere, für alle, daß das flackernde Licht das Dunkel um mich und in mir,
bekämpft. Die nächste Kurve des Weges in ein menschenwürdiges Leben beleuchtet,
daß wir uns trauen es zu betreten, zu gehen. Oft bin ich eingeschlafen auf
meinem Wachposten, wo Du mich gestellt hast. Das bewußte Licht, was Du in
meinem Herzen bist, ist so oft in der Nacht der Hoffnungslosigkeit erstickt.
Es
ist Advent! Die Selbstsucht, die Schuld, die unermäßliche Trägheit bedeckt
alles. Für die Armen gibt es zu viele magere Jahre. Überall sind notleidende
Arme, Straßenkinder, die nicht zur Schule gehen können. Bettler.
Die Unzufriedenheit der Gesellschaft könnte das
Land zerreißen. Viele flüchten ohne zurückzuschauen, verlassen ihre Heimat, die
in der Dunkelheit versunken ist.
Es
ist Advent! Was nützt es, in der grenzenlosen Nacht ein flackerndes Licht
anzuzünden? Ich weiß es nicht! Ich weiß nur, daß es brennen muß! Daß man neu
anfangen muß nach jeder verlorenen Schlacht. Daß, egal was passiert ist, man
aufstehen, und neuerlich Licht anzünden muß, die Liebe, die Güte,
die Tugenden. Es muß brennen, auch wenn es
einen selbst verbrennt.