Startschuss für eine Kampagne
zur Besteuerung internationaler Kapitalströme
Frankfurt/Main, 28. Oktober 2000
Mit einer Auftaktveranstaltung in Frankfurt/Main starteten heute Vorbereitungen für eine Kampagne zur Einführung einer Devisentransaktionssteuer (Tobin-Steuer) im Rhein-Main-Gebiet. Über achtzig Vertreter/innen von kirchlichen und entwicklungspolitischen Gruppen, Verbänden und Initiativen aus dem Rhein-Main-Gebiet folgten dem Aufruf von KAIROS Europa, Pax Christi, dem Zentrum Ökumene der Evangelischen Landeskirche Hessen-Nassau und dem Bündnis gegen Bankenmacht, sich zunächst in einer Protestaktion vor der Frankfurter Börse zu versammeln, um anschließend über die Möglichkeiten einer Regulierung und stärkeren Kontrolle der Finanzmärkte zu diskutieren.Jörg Huffschmid, Ökonomie-Professor und wissenschaftlicher Sachverständiger der Enquete-Kommission Globalisierung des deutschen Bundestages erklärte: "Die nach dem Nobelpreisträger James Tobin benannte Steuer setzt an einem Kernproblem des Weltfinanzsystems an: den spekulativen internationalen Devisengeschäften. An jedem Börsentag werden mehr als 1.500 Milliarden US-Dollar umgesetzt - ein Großteil davon dient ausschließlich spekulativen Zwecken. Mit einer Tobin-Steuer würden diese Geschäfte zurückgehen. Damit könnten die Instabilität und Krisenanfälligkeit des Weltfinanzsystems verringert werden."
Die Notwendigkeit einer stärkeren Regulierung und demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte strich Friedhelm Hengsbach SJ, Professor für christliche Gesellschaftsethik in Frankfurt am Main heraus: "Unser heutiges Finanzsystem ist ungerecht und schädlich. Finanzkrisen haben schon viele arme Länder ins Elend gestürzt. Und auch bei uns werden die solidarischen Sicherungssysteme ausgehöhlt und demokratische Regierungen setzen sich immer mehr dem Druck der Finanzmärkte aus."
Dieser Entwicklung wollen die Teilnehmer/innen der Auftaktveranstaltung nicht mehr tatenlos zusehen. "Wir brauchen eine breite Bewegung zur Kontrolle der Finanzmärkte - und die Einführung der Tobin-Steuer wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung," erklärte Anja Osterhaus von der ökumenischen Initiative KAIROS Europa. In vielen Ländern Europas gibt es bereits Bewegungen und Initiativen, die sich für die Devisenumsatzsteuer einsetzen. Auch in Deutschland hat sich Anfang dieses Jahres ein bundesweites Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte gegründet.
Auf der Veranstaltung in Frankfurt wurde vereinbart, sich an dieser internationalen Bewegung zu beteiligen. Um die Tobin-Steuer stärker in die Öffentlichkeit zu bringen soll Informations- und Kampagnenmaterial erstellt werden. Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit durch Informationsveranstaltungen, aber auch Lobbyarbeit und Unterschriftenaktionen werden vorbereitet. Ein erster Höhepunkt der Kampagne soll der evangelische Kirchentag sein, der im Juni 2001 in Frankfurt stattfinden wird.