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Konferenz
Freitag, 7. Oktober 2005
9:45 UhrElke Atzler: Begrüssung
10-11 UhrElisabeth Büttner: Potenziale der Veränderung. Wien im Blick des österreichischen Stummfilms
11-12 UhrMarton Kurutz: Budapest in den Vorkriegs-Dokumentar- und Amateurfilmen
14-15 UhrSiegfried Mattl: Verlangen nach Vergangenheit. Das Label Wien-Film
15-16 UhrDrehli Robnik: In der Stadt, in der Zeit - Wien als Gedächtnisraum im spätfordistischen internationalen Genrekino
 
Samstag, 8. Oktober 2005
10-11 UhrKaroly Kokai: Wiener Avantgardefilm
11-12 UhrBalazs Varga: Unter der Stadt, über die Erde - Budapest in der Alternativkultur der 1980er Jahre
14-15 UhrMichael Loebenstein: A sense of place. Wien im neuen österreichischen Film
15-16 UhrLevente Polyák: Peripherisches Sehen. Das Budapest der Jahrtausendwende mit den Augen junger Filmemacher
 
Filmprogramm
5. Oktober18.30The Third Man, 1949, Carol Reed
6. Oktober20.30Die Klavierspielerin, 2001, Michael Haneke
7. Oktober16.30Ez történt Budapesten, 1944, Hamza D. Ákos
 18.30Budapest, 1916
  Budapest szimfóniája, 1932, Adolphe Osso
  Budapest, egy darabka magyar történelem, 1936, L. Minzloff
  Beautiful Budapest, 1936, James A. Fitzpatrick
  Budapest müemlékei, 1939, Paulovics Mihály & Karbán József
  Látta-e már Budapestet télen?, 1940, Dáloky János
  Budapest tragédiája, 1946
 20.30Nordrand, 2000, Barbara Albert
8. Oktober16.30A szárnyas ügynök, 1987, Soth Sándor
 18.30Wienfilm 1896-1976, 1976, Ernst Schmidt
9. Oktober16.30Nyócker!, 2004, Gauder Áron
 18.30Eine Fahrt durch Wien, 1907
  Das goldene Wienerherz, 1911
  Das Leichenbegängnis des Reichstagabgeordneten Franz Schumeier, 1913
  Seine Hoheit, der Eintänzer, 1927, Carl Leiter
10. Oktober16.30The Merry Widow, 1925, Erich von Stroheim
11. Oktober18.30Maskerade, 1934, Willy Forst
12. Oktober18.30I love Budapest, Incze Ágnes, 2000
13. Oktober16.30Hundstage, 2001, Ulrich Seidl
15. Oktober18.30Speak Easy, Mirjam Unger, 1997
  Sliding, Barbara Albert, 1998
 
  
Abstracts 
Elisabeth Büttner: Potenziale der Veränderung. Wien im Blick des österreichischen Stummfilms
Die bewegten Bilder des Frühen Kinos versteht nur ein Denken, das springt. Treffen Wien und das stumme Kino aufeinander, meint dieser Befund nicht nur ein neues Wahrnehmungsmodell und den Gewinn einer Realitätsdimension, sondern auch die Sprengkraft des Sozialen, die in Filmen arbeitet. Zu sehen sind u. a. Eine Fahrt durch Wien (1907), Das Kinderelend in Wien (1919) oder Seine Hoheit, der Eintänzer (1927).
 
   
Karoly Kokai: Wiener Avantgardefilm
Avantgardefilm, so auch der Austrian Avantgarde Film, definiert sich selbst in Absetzung vom Spielfilm. Seine Geschichte, auf die ich in meinem Vortrag am exemplarischen Fall des österreichischen Filmemachers Ernst Schmidt Junior eingehe, ist wesentlich durch diese Definition geprägt.
Handelt man das Thema "Visuelle Kultur des Films" einmal am Beispiel des Spielfilms und das andere Mal am Beispiel des Avantgardefilmes ab, kommt man zu vergleichbaren Ergebnissen. Avantgardefilm durchbricht die Klischees der durch den Spielfilm etablierten Bilder, indem er die selben Bilder verwendet. Er entzieht sich dem Illusionismus dieser Bilder, indem er den Prozess der Entstehung des Filmes sichtbar macht. Er bricht die Regeln des Speilfilms, in dem er sich auf die, den Spielfilm definierenden Elemente konzentriert. Er isoliert diese Elemente, insistiert auf ihre bildliche Erscheinung und wendet den Blick genau dort nicht ab, wo die Brüche im Fluss der Bilder - und handelt es sich um Bilder einer Stadt, in den sozialen, ästhetischen, ökonomischen Strukturen der Stadt - sichtbar werden.
Der Vortrag versucht am Beispiel von Schmidts Wienfilm 1895-1976 den Kontext zu rekonstruieren, in dem sich die Wiener Avantgardefilmemacher der ersten Generation bewegten.
 
   
Michael Loebenstein: A sense of place. Wien im neuen österreichischen Film
Am jüngeren österreichischen Spielfilm wird (national wie international) ein "neuer" Umgang mit der Stadt (konkret mit Wien) bemerkt. Filmen wie Nordrand (R.: Barbara Albert, A 1999) und Speak easy (R.: Mirjam Unger, A 1997) wird konzediert, die Stadt weniger als determinierten Ort, sondern vielmehr als Raum für Potentiale erlebbar zu machen, einen "Sense of Place" zu generieren. Der Vortrag wird diese Konzeption von Wien-Film als utopischem Ort der Selbsterfahrung und -veränderung am Beispiel des stark weiblich geprägten österreichischen AutorInnenfilms der letzten Jahre überprüfen.
 
   
Marton Kurutz: Budapest in den Vorkriegs-Dokumentar- und Amateurfilmen
Budapest debütierte im Film gleichzeitig mit den anderen Hauptstädten Europas. Frühe Auftritte der ungarischen Hauptstadt im Kino fanden ihre Fortsetzung allerdings erst nach einer Unterbrechung. Dann aber ohne Pause – Budapest erhielt eine ständige Rolle im ungarischen Film. Der Vortrag überblickt Themen, Produktionsgeschichte und Probleme der Budapest-Filme vor 1945 und analysiert sie anhand von Dokumentarfilmen, dem Rohschnitt, anonymen und privaten Aufnahmen, sowie den Schauplätzen der in der Hauptstadt aufgenommenen Spielfilme.
 
   
Siegfried Mattl: Verlangen nach Vergangenheit. Das Label Wien-Film
Die 1930er Jahre - die Zeit des Austrofaschismus - sind geprägt von einer Tilgung der Zeichen des sogenannten "Roten Wien" und der urbanen Modernisierung. Diese ideologischen Vorgaben treffen auf den autonomen Versuch der österreichischen Kinoindustrie, die Einführung des Tonfilms zu einem neuen Aufschwung zu nutzen. Das kulturelle Kapital dafür wird in der Jahrhundertwende gesucht, als die Wiener Operette eine globale Erfolgsgeschichte durchlief. In exemplarischen Filmen wie Maskerade (1934; R.: Willi Forst) wird die topografische Stadtbeschreibung bedeutungslos und ältere Stadtmythen wie jene der musikalischen Atmosphäre und der organischen Beziehungen zwischen den sozial-kulturellen Milieus prägen den Stil des Labels "Wien-Film".
 
   
Levente Polyák: Peripherisches Sehen. Das Budapest der Jahrtausendwende mit den Augen junger Filmemacher
Der in den lokalen Kinos gezeigte Werbefilm für Budapest als Kulturhauptstadt 2010 zeigt nicht die üblichen Touristenklischees, sondern Unterführungen, schlecht beleuchtete Strassen und Korridore aneinander gereiht in einer Kamerafahrt, die durch Wände geht. Diese von den üblichen Werbefilmklischeen fremde Welt gliedert sich in die Tradition des Budapest-Bildes einer ganzen Generation von Filmemachern ein.
Wie lässt sich eine Sichtweise beschreiben, die aus einem persönlichen Ausdruckmittel zum Stil und dann zur rhetorischen Form der Image-Politik der Stadt wird? Welche sind die Stadt-Visionen, die wir als Zeugen der Veränderung unseres Verhältnisses zu den urbanen Räumen betrachten können und die ausser im Film in zahlreichen architektonischen, fotografischen und bildlichen Vorstellungen Form annehmen? Wie kommt die Peripherie in die Mitte des Sichtfeldes?
In meinem Vortrag suche ich auf diese Fragen eine Antwort. Die zu besprechenden Filme sind nicht die “klassischen” Budapest-Filme: Sie zeigen nicht die Züge eines charakteristischen Budapest, sondern periphere Situationen, die untrennbar mit der ungarischen Hauptstadt verbunden sind, aber zumindest genauso mit den sich gerade reinkarnierenden Metropole-Mythen.
Während diese peripheren Situationen zusammenhängende gesellschaftliche, örtliche und zeitliche Koordinatensysteme aufdecken, stellen sie Fragen über die Wahrnehmung der Peripherie, über die Beschaffenheit der Entfernung und über das Verhältnis zum Anderswo. Da das Selbstbewusstsein der im Übergang sich entdeckenden Stadt sich grossteils durch ihre eigenen Bilder formt, ist es kein Zufall, dass diese Filme oft ihre besondere Bedeutung in den ausserhalb der Diskurse des Kinos geführten urbanistischen Diskussionen bekommen.
Der Vortrag zeigt die Budapest-Vision der Jahrtausendwende mit den Filmen Kontroll, Dealer, Ein Bus fährt ein, Wald, Der Achte Hieb, Schwarze Bürste und Moskauer Platz.
 
   
Drehli Robnik: In der Stadt, in der Zeit - Wien als Gedächtnisraum im spätfordistischen internationalen Genrekino
Anhand des zum Teil in Wien spielenden und auch dort gedrehten Agententhrillers Scorpio (USA 1973, mit Burt Lancaster und Alain Delon) wird zu zeigen sein, wie ein vordergründig der Logik des "Aktionsbildes" verpflichteter Film eine Stadt und ein Genre bewohnt: Stadt und Genre fungieren diesbezüglich nicht als Territorien oder Orte, sondern als Schichtungen von Vergangenheit. Indem Scorpio deren Potenziale aktualisiert, deren Bestand umarbeitet und reartikuliert, agiert der Film als ein Gedächtnis. Dabei versucht Scorpio, sich und sein Publikum in der aus den Fugen gesprungenen historischen Zeit der Übergangsphase hin zu postfordistischen Subjektivitätsspielräumen zu orientieren. Dies geschieht im Modus einer Verflechtung zwischen Zeiterfahrungen: zwischen dem Prekärwerden überkommener Genre-Teleologie und der Gegenwartslosigkeit einer an Vergangenheit reichen Stadt. Das Wien von Scorpio - samt der U-Bahn-Baustelle Karlsplatz, auf der die bekannteste Szene des Films spielt - ist als menschenleeres Geflecht von Erinnerungen inszeniert.
 
   
Balazs Varga: Unter der Stadt, über die Erde - Budapest in der Alternativkultur der 1980er Jahre
Eines der wichtigsten Charakteristika der ungarischen Alternativkultur ist die Symbiose von verschiedenen Kunstgattungen. In der Alternativfilmen der Epoche treten die Hauptfiguren der Neoavantgarde und der New-Wave-Musikszene auf. In den Texten der ungarischen Art-Punk- und New-Wave-Musikgruppen ist die innere und äussere Dissidenz, die Sehnsucht nach anderen Orten ein wiederkehrendes Element. Der Vortrag diskutiert diese Motive am Beispiel von zwei Filmen (Sandor Söth, Agent mit Flügeln, 1987 und Janos Xantus, Rock Prediger, 1988): Wie verwandeln sich die realen Schauplätze in heterotope Räume; wie ist das Verhältnis zwischen Budapest und Berlin, dem Ungarn der spätkadarischen Epoche und dem Wunderland, warum und wie verwenden diese Filme ungarische Schauplätze; wie kontrastrieren einander real und fiktiv?