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Der pfingstliche Geist der Geschwisterlichkeit

Geschwisterlichkeit macht frei: von Einzelgängertum und von Einheitsbrei, von Wichtigtuerei und von falscher Unterordnung.

Heute feiern Christen und Nichtchristen Pfingsten. Da ist es Zeit, die Frage nach dem Geist zu stellen, nach dem Heiligen Geist, von dem in der Bibel die Rede ist, oder auch nach dem unheiligen Geist, der unserer Gesellschaft derzeit beängstigende Lektionen erteilt. Und es ist auch wieder Zeit, die Kirche, uns selbst, zu befragen: Aus welchem Geist leben wir und welchen Geist vermitteln wir?
Die Gesellschaft der Experten, der Techno-, Medien- und Politokraten hat eine ungeheure Ausweitung und Verlagerung von Autorität und Abhängigkeiten gebracht. Es gibt die undurchschaubaren globalen Netze von Wirtschaft, Finanzen und Medien. Es gibt die Diktatur der Quoten und des Geldes. Was soll Kirche in dieser Welt?

Ihr werdet meine Zeugen sein bis an die Grenzen der Erde
Es war und ist Aufgabe der Kirche, das zu tun, was Jesus getan hat: helfen, stärken, ermuntern, aufrichten. Was fällt Ihnen zu "Kirche" ein? Nur wenige verbinden damit primär Solidarität, Geschwisterlichkeit, Fürsorge und selbstverständliche Hilfe. Gott sei Dank, es gibt diese Hilfe, und sie ist Lebenszeichen des freien Gottesgeistes auch heute. Doch die Mehrheit der Menschen denkt eher an Autorität und Moralpredigt, an große Vergangenheit und starre Dogmen, an Machtstrukturen und ältere Männer, an feierliche liturgische Großereignisse und adelige Hochkultur.
Wie kann diese unsere Kirche das unauslöschliche Siegel der Geschwisterlichkeit, das ihr eingeprägt ist, wieder von alten Verkrustungen und Überlagerungen freimachen?

... ihr alle seid Schwestern und Brüder
Wir sind es, ob wir es zugeben oder nicht. Manchmal ist es erlebbar, und dann wird klar, was Kirche ist: Wenn Menschen der verschiedenen Altersstufen, Berufe, Einstellungen, Parteien einander die Hände reichen und das Vaterunser beten; wenn Ausgebombte und an den Rand Gedrängte mit Hilfsgütern bedacht werden, damit sie wieder Zukunft haben; wenn Menschen in Krisensituationen Verständnis, Zuwendung und Worte des Trostes und der Stärkung erfahren. Dieses ist das erste Zeichen der Kirche, die Geschwisterlichkeit. Meister, Experten, Opinionleaders gibt es genug auf der Welt, manche mit Gesicht, die meisten anonym; woran es mangelt, sind Menschen, die sich nicht dem Tempo der Maschinen und dem Diktat der Märkte unterwerfen, sondern die Gesichter der Mitmenschen nicht vergessen.
Solche Geschwisterlichkeit macht frei: von Einzelgängertum und von Einheitsbrei, von Wichtigtuerei und von falscher Unterordnung. Sie befähigt zu aufrechtem Gang und zu bewußtem Dienst.

Ihr sollt euch nicht Meister nennen lassen!
So schnell haben sich Menschen und Institutionen als Meister aufgespielt: Europa für die übrige Welt; die Männer für die Frauen; die Ämter für die ganze Kirche; und die Kirche sah sich als Mater et magistra, als Mutter und Lehrmeisterin für die übrigen Völker.

Es gibt verschiedene Gaben, aber nur den einen Geist Gottes, der sie schenkt
Hier gibt es in unserer Kirche theologischen Nachholbedarf: Weithin sieht es aus, als sei es einzig die Hierarchie, die die Ämter verteile und über ihre Rechtmäßigkeit zu beurteilen habe. Der Geist Gottes läßt sich aber nicht so einengen. "Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein": Es steht nirgends, daß sie vorher um Erlaubnis anzusuchen hätten.

Die Steirische Plattform Kirchenvolks-Begehren möchte einen breiten Gesprächsprozeß zum Thema Geschwisterlichkeit initiieren. Wir bitten um Erfahrungsberichte und Meinungen zu folgenden Themen:
- Was verbinden Sie mit der Vorstellung einer geschwisterlichen Kirche?
- Von welchen Erfahrungen positiver oder problematischer Art können Sie erzählen?
- Wie geschwisterlich erleben Sie unsere Gesellschaft?
- Welche Veräänderungen würden Sie sich vom pfingstlichen Geist der Geschwisterlichkeit erhoffen?