Und du, Kind, wirst ein Prophet des Höchsten
genannt werden; denn du wirst vor dem
Angesicht des Herrn hergehen, seine Wege zu
bereiten, um seinem Volk Erkenntnis des Heils
zu geben in Vergebung ihrer Sünden, durch die
herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, mit
der uns der Aufgang aus der Höhe besuchen
wird, um denen zu leuchten, die in Finsternis
und Todesschatten sitzen, und unsere Füße zu
richten auf den Weg des Friedens.
  Lukas 1;76-79

   "Finsternis" ist wohl ein zu schwaches Wort, um die meisten Ereignisse des zu Ende gehenden Jahres zu beschreiben. Kriege, Hungersnöte und Dürre haben gewütet. Todesmächte waren am Werk. Die Menschheit scheint sich selbst zu einer regelrechten Höllenfahrt zu verdammen. Mit brutalen und perspektivlosen Strategien verdichten die mächtigsten Verantwortlichen die Dunkelheit immer mehr.

 Heil, Vergebung, Licht. Das soll Johannes, der Wegbereiter Jesu, ankündigen. Seine Aufgabe ist es, das Ende der Herrschaft der Dunkelheit einzuleiten.

 Doch wie ist das möglich? Durch Gottes Güte, durch seine Barmherzigkeit. An der Schnittstelle zwischen dem ersten und dem zweiten Testament ist es dieses Schlüsselwort aus dem alten Bund, das den Sinn des neuen Bundes beleuchtet. Es ist nicht so, dass das Kommen Jesu, wie das zu oft behauptet wurde, die Ära des Gesetzes abschafft und das Zeitalter der Gnade einleitet. Jesus kommt, weil Gott uns liebt, und es ist dieselbe Liebe, die in allen Schriften seines Volkes erwähnt wird: es ist das Leitmotiv der Gebote, der Psalmen und der prophetischen Verheißungen. Diese Güte, diese Barmherzigkeit, ist das wesentliche Kennzeichen der Beziehung, die Gott mit den Seinen haben will.

 Für diese barmherzige Güte wird unter anderem ein Wort verwendet, das die Gebärmutter bezeichnet, jenen verborgenen Ort der Quelle allen menschlichen Lebens. Die Liebe, von der hier die Rede ist, ist Gottes mütterliche, bedingungslose, tiefe und unerschütterliche Liebe für seine Menschheit. Johannes hat als Auftrag, dem Volk das Heil durch die Vergebung der Sünden nahe zu bringen. Gottes Barmherzigkeit ist die Quelle dieser Vergebung. Sie allein kann uns aus der Dunkelheit ins Licht führen.

 Das Wirken Johannes des Täufers und Jesu belegen, dass diese bedingungslose Liebe mitnichten eine billige Gnade ist. Beide haben ihre Zeitgenossen mit der Wahrheit konfrontiert und haben unzweideutig Niedertracht, Gewalt und Heuchelei aufgedeckt. Und doch ist ihre jeweilige Botschaft eine Botschaft der Vergebung und der Befreiung.

 Das Loblied des Zacharias verknüpft all diese Begriffe: Barmherzigkeit, Vergebung, Licht. Das sind die "Pflastersteine", die Gottes Weg ausmachen, den Weg, der zum wahren Frieden führt.

 Der Friede, den wir einander in dieser Adventszeit wünschen, ist keine billige Harmonie, kein oberflächliches Wohlsein. Es ist der Friede des barmherzigen Gottes, der uns in seinem mütterlichen Schoß getragen hat und trägt und der uns hinzuzieht, um überall dort zu kämpfen, wo diese Barmherzigkeit verhöhnt wird.Es ist Gottes Wunsch, dass sein Volk das verwirklicht und weitergibt, was es von Gott erhalten hat.

 Das Licht kommt, die Sonne wird aufgehen. Wir werden davon Zeugen sein.