Visual Culture
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 Programm 
 
 Freitag, 26. September 2003
 10 UhrEröffnung
 10-11 UhrBela Bacso: Kunst und 'Weltbild'. Heideggers Er-örterung der Kunst
 11-12 UhrKaroly Kokai: Die Konstruktion der Kultur des Visuellen
 14-15 UhrJanos Sugar: Referenz Generator
 15-16 UhrGeorg Schöllhammer: Local Modernities
 16-17 UhrTasos Zembylas: Visuelle Kompetenz. Zur Formation von Könnerschaft und Kennerschaft im künstlerischen Feld
 
 18-19 UhrHans Knoll: Führung durch die Knoll Galerie (Liszt Ferenc Ter)
 
 Samstag, 27. September 2003
 10-11 UhrAnna Eifert-Körnig: Das heterogene Bild
 11-12 UhrKaroly Kincses: Die Rolle der Infrastruktur in der visuellen Kultur
 14-15 UhrAndreas Fogarasi: Public Brands
 15-16 UhrLeonhard Schmeiser: Europa als visuelle Kultur
 16-17 UhrLaszlo Beke: Visuelle Kultur - ungarisch und global
 
   
   
 
 
 
   
 Abstracts 
   
  Béla Bacsó: Kunst und “Weltbild”. Heideggers Er-örterung der Kunst
Für Heidegger bringt die Auslegung der Kunst eine wesentliche Kehre gegen alle metaphysischen Weisen der Weltrepräsentation. Die Kunst als “eine Eroberung der Welt als Bild“ war für ihn höchst verdächtig. In den Texten der dreißigen Jahren (Der Ursprung des Kunstwerkes, Besinnung, Beiträge zur Philosophie, Nietzsche-Vorlesungen, Die Zeit des Weltbildes usw.) ist immer stärker die Destruktion der modernen Auffassung der Kunst als Repräsentation aufgetreten.
Eine ähnliche Kritik der naiven Vergegenwärtigung erschien schon früher in der phänomenologischen Philosophie bei Husserl und bei den ihm folgenden Denker (F. Kaufmann, E. Fink). Ich wende mich kurz zu dieser Vorgeschichte der Phänomenologie.
Bild und Bildlichkeit nach der Phänomenologie und nach Heideggers a-repräsantative Annäherung zur Kunst. Hans Belting hat es uns in Bild-Antropologie klar und eindeutig ausgedrückt: “Bilder sind niemals nur das, was sie zu sein behaupten, Abbildungen der Realität…“
 
   
  Laszlo Beke: Visuelle Kultur - ungarisch und global
Begriffänderungen der Visuellen Kultur in Ungarn seit den 1970-er Jahren bis heute. – Bildende Kunst, Visuelle Kunst, art plastique, Visual Culture, Visual Art, Visual Anthropology, Cultural Anthropology, New Art History, Critical Art History – Kunsthistoriker, Komissar, Kustos, Kurator, Kritiker – Kunstgeschichte und Visuelle Kultur in der System der Kultur, Kunst und Wissenschaft heute in Ungarn und in der ganzen Welt
 
   
  Anna Eifert-Körnig: Das heterogene Bild
Da die Kunstwissenschaft traditionell über einen differenzierten Bildbegriff verfügt, wird ihr eine besondere Kompetenz bei der Analyse von bildlichen Erkenntnisprozessen und Repräsentationsformen zugeschrieben. Nicht zuletzt deshalb erhoffte man von ihr wichtige Beiträge in der multidisziplinär geführten Debatte ‘Iconic Turn’ über die veränderte Rolle, Beschaffenheit und Funktion des Bildes im Zeitalter der Massen-medien.
Im Kontrast zu diesen hohen Erwartungen ließe sich an dieser Stelle etwas provokativ fragen, ob die viel beschworene ‘Wende’ für die Kunstwissenschaft nicht vielmehr den Verlust ihrer Bilder im Zeitalter der Bilderflut bedeutet. Dies umso mehr als computerbasierte multimediale Werke dem herkömmlichen (ohne-hin schon fragwürdig gewordenen) Bildbegriff grundlegend zu widerstreben scheinen: Der raum-zeitlich ab-gegrenzten Einheit (Tableau, Frame) des piktoralen Bildes stehen elektronische digitale Bewegtbilder gegen-über, deren Prinzip die Vielheit, Heterogenität und Konnektivität ist. Ihre Form ist darüber hinaus höchst instabil und reversibel, da die digitale Datenverarbeitung die Differenz von kulturellen Codes wie Bild, Schrift und Zahl unterläuft. Die jeweiligen Erscheinungsformen diskreter Zeichen sind daher austauschbar; eine Textdatei kann als Bild betrachtet, die Börsendaten können als Sound abgespielt werden.
Der Tatsache, daß digitale Bilder aus medialer Sicht Informationen sind, die gegebenenfalls in analogen Bildern repräsentiert werden, ist weder mit einer rein ästhetischen noch mit einer rein technischen Herangehensweise beizukommen. Die Aufmerksamkeit einer medienwissenschaftlich orientierten Kunstgeschichte muß sich daher auf die Formen der medialen Interrelationen, deren Transformationsprozesse und auf die mögliche sinnstiftende Qualität dieser Vorgänge richten. Diese bilden auch die zentralen Fragen bei der Analyse von Multimedialität, Intermedialität und Hybridisierung im Kunstprozess.
In dem Vortrag soll den Fragen nachgegangen werden, wie im Zeitalter der Telematik Bilder sich konstituieren und mit welchem methodischen Instrumentarium diese durch die multimedialen Gestaltungs-möglichkeiten dynamisierten bzw. aufgebrochenen Werkräume angemessen erfaßt werden können.
 
   
  Andreas Fogarasi: Public Brands
Public Brands ist der Übertitel einer Reihe meiner Arbeiten, die sich mit dem Branding des öffentlichen Sektors beschäftigen. In dem Maß in dem sich das Selbstverständnis von Staaten, Regionen, Städten oder Stadtteilen zunehmend unternehmerisch definiert, ändern sich auch die visuellen Repräsentationen. Logos, Claims und Corporate Design ersetzen zunehmend traditionelle Insignien staatlicher Macht wie Wappen oder Flaggen. Die Tendenz geografische Orte, politische Gemeinschaften oder öffentliche Einrichtungen als Marke zu verstehen bringt ein ganzes Set an widersprüchlichen Bildern mit sich, eine Visualität zwischen Verwaltung und Promotion.
 
   
  Karoly Kincses: Die Rolle der Infrastruktur in der visuellen Kultur, insbesondere in der Fotografie
Die verbale Kommunikation setzt sich aus einheitlichen Elementen, aus den diese Elemente verbindenden Regeln, aus während ihrer Benutzung sich entwickelnden Konventionen und aus einem emotionellen Teil zusammen. Es gibt also das Zeichen, das sich aus Zeichen zusammensetzende Wort, das entsprechend der grammatikalischen Regeln aus Wörtern zusammengesetzte Wortgefüge, den aus diesen bestehenden Satz und die aus Sätzen bestehende Mitteilungseinheit. Aus diesen Grundbestandteilen kann ein juristischer Text, ein Bericht, ein narrativer Text, ein Gedicht oder eine private Mitteilung entstehen.
Die visuelle Sprache ist ebenfalls entsprechend diesen Prinzipien gegliedert. Es gibt grundlegende Zeichen, Elemente, die aus der Verbindung von diesen zustande kommen, und komplexe visuelle Mitteilungen, die aus diesen bestehen. So ist ein Punkt in der Fläche oder im Raum bereits ein bedeutungsvolles Element, zwei Punkte sind bereits ein Ausdruck, Punkte verbindende Geraden bilden Gestalten in der Fläche oder im Raum, aus denen sich die Bilder und die bildliche Mitteilungen aufbauen.
Während den Kleinkindern die verbale Mitteilung gelehrt wird und das Schulsystem auf der Kenntnis der Schrift beruht, werden die Elemente der visuellen Kultur in keiner vergleichbaren Struktur, mit keiner vergleichbaren Gründlichkeit und nicht mit derselben Selbstverständlichkeit unterrichtet. Sie wird nicht als Muttersprache verwendet, obwohl heute immer mehr Information in nonverbalen Elementen vermittelt wird.
Der Vortrag wird erörtern, wie sich diese Tatsache negativ auf die ungarische Fotografie auswirkt.
 
   
  Karoly Kokai: Die Konstruktion der Kultur des Visuellen
Visual Culture bezeichnet ein theoretisches Feld, das seit der 1990er-Jahren im - wie der Name zeigt - englischsprachigen Raum abgesteckt wird.
Die Frage 'Was ist Visual Culture?' weist auf eine zweite Frage hin: Wer bestimmt das, was in den Bereich von Visual Culture fällt, was als Objekt der Visual Culture bewertet wird, welche Methoden Visual Culture verwendet? Traditionell übernimmt diese Rolle die Kunstgeschichte. Das wird aus dem ersichtlich, wie die Bewegung Visual Culture aufgetreten ist und was ihre Fragen, Interessensgebiete, Probleme, Diskussionen sind.
Visual Culture ist auch eine Bezeichnung für Kunst, indem das Feld Kunst erweitert wird. Man berücksichtigt nicht bloß Werke der eng gefassten bildenden Kunst, sondern auch und insbesondere Design, Foto, Film, Fernsehen, Werbung. Gleichzeitig wird der Kanon von Kunstgeschichte umgeschrieben und auch gefragt, wie jener Kanon entstanden ist, welche Ideologie ihn formte, welche soziale Praxis, welche historische Stellung, welche Machtverhältnisse hier wirksam waren?
Die Kultur, die hier als visuelle bezeichnet wird, ist also weitgehend eine Konstruktion. Der Vortrag wird anhand von Beispielen aus dem Werk von Andreas Fogarasi und Janos Sugar die Mechanismen dieser Konstruktion diskutieren.
 
   
  Hans Knoll: Visuelle Kultur des Alltages
'Visuelle Kultur' als Begriff, Auffassung und Methode der Kunstforschung und Kunstanalyse ist das Thema einer Konferenz mit österreichischen und ungarischen Teilnehmern. An diese Konferenz schließt sich die Ausstellung der Knoll Galeria Budapest 'Alltägliche visuelle Kultur' an.
Gezeigt werden Arbeiten von Künstlern, die mit der Galerie eng verbunden sind und sich dem Bereich der Kommunikation und Visualität nicht so annähern, wie das gerade üblich ist - in einer Gegenüberstellung von Reality-Shows der Massenmedien und visueller Künste bzw. Wissenschaften. Die Ausstellung gründet vielmehr auf der Qualität visueller Kultur als einer Wissenschaft, die gerade das Zusammenwirken verschiedenster sichtbarer bzw. bildhafter Erscheinungen thematisiert.
Orte des Alltags, der städtische Raum, die Straßen, die allgegenwärtigen Bilder, die Ikonen der Medien ebenso wie Gebrauchsgegenstände und Erinnerungstücke des Heimes dienen als Ausganspunkte für die in der Knoll Galeria gezeigten Werke aus mehreren Kunstgattungen. Bekannte Gebäude, Namen, Reklamebilder, Medienpersönlichkeiten, Helden von Animationsfilmen und Comicstrips, Postkarten und Fotos erscheinen hier in einer vom Gewohnten abweichenden Form; durch die Vermittlung eines anderen Mediums bzw. durch andere Techniken oder aufgrund kleiner Zeitverschiebungen wirken sie zuweilen grotesk. Zunächst als alltägliche Realität erlebte Situationen erscheinen irreal, als Utopien einer Vergangenheit oder Zukunft. Die früher oder bis heute als gewohnt wahrgenommene Umgebung erinnert in bestimmten Werken an Situationen und Prozesse, die aus Sicht der Gegenwart eine andere Ebene der Realität darstellen. In den Arbeiten von AES+F, Csaba Nemes, János Sugár, Eszter Ágnes Szabó und Andreas Leikauf wird ein Paradox visualisiert: Alltägliche Sicht und Vision zugleich.
 
   
  Leonhard Schmeiser: Europa als visuelle Kultur. Historische Thesen
Die Dominanz von Bildern in der europäischen Kultur verdankt sich einer für diese Kultur spezifischen Form des Lesens. Lektüre bezieht sich in Europa, wie es seit dem 8. Jh. entsteht, zunächst nicht auf ein in gesprochene Sprache eingebettetes Notationssystem für Klänge, sondern auf Schrift als rein visuelles Medium. Dadurch gewinnt visuelle Wahrnehmung, historisch einzigartig, grundlegend-kulturtragende Funktion. Der Vortrag wird diese These und einige sich daraus ergebende Konsequenzen erläutern.
 
   
  Georg Schöllhammer Local Modernities
Der Begriff "Moderne" wird im Hinblick auf die bildenden Künste oft als als universelle Kategorie diskutiert. Kanonisiert ist meist aber nur eine "Moderne", die so genannte westliche. Diese einseitige Ausrichtung auf spezifisch westliche Modernisierungsphänomene vernachlässigt die Eigenart, mit der sich die Transformationsprozesse und Modernen in der sogennanten nicht-westlichen der Welt ausgeprägt haben. Mein Text "Local Modernities" versucht anhand von einigen Fallbeispielen die eindimensionalen Sichtweise von Moderne zu konterkarieren. Er geht von einer Entwicklung des Nachkriegs-Modernismus in einer Vielzahl lokal differenzierter, "paralleler Modernen" aus. und versucht darzustellen, dass ebenso unterschiedlich wie die Transformationsgeschwindigkeiten oft auch die ökonomischen Leitvorstellungen, kulturellen Leitbilder und sozialen Akteure sind , die als treibende Kräfte hinter den Modernisierungsprozessen stehen.
 
   
  Janos Sugar: Referenciagenerator
 
 
   
  Tasos Zembylas: Visuelle Kompetenz. Zur Formation von Könnerschaft und Kennerschaft im künstlerischen Feld
KulturwissenschafterInnen haben den Begriff „visuelle Kultur“ eingeführt, um auf den Einfluss bestimmter medialer Entwicklungen hinzuweisen. Die Visualität, die sich durch Fernsehen, Film und Internet entfalten konnte, hat die Schriftlichkeit (Literalität) nicht verdrängt, sondern sich neben ihr als gleichrangige Form der Vermittlung etabliert. Genauso wie Lesekompetenz, die mehr als bloße Lesefähigkeit bedeutet, die Grundvoraussetzung für textuelle Kompetenz darstellt, erfordert der Umgang mit visuellem Material ein spezifisches, praktisches Können. Dieses ist wiederum für die aktive Partizipation in der visuellen Kultur von zentraler Bedeutung. Der Vortrag wird sich um diese Kompetenzfrage und um die Art des Könnens und Kennens (Könnerschaft und Kennerschaft) in der visuellen Kultur - speziell in der Kunst - drehen.